Wenn am 29. April Prinz William seine Kate heiratet, haben die zeltenden Kriegsgegner im Herzen von London einen Logenplatz - vorausgesetzt, der Platz wird bis zum Jubeltag nicht geräumt. Genau gegenüber von Westminster Abbey, wo sich das Paar das Ja-Wort geben wird, campiert bereits seit Jahren ein Grüpplein von Friedensaktivisten, zu denen sich einige Obdachlose gesellt haben.

Den britischen Behörden sind die Camper auf einem kleinen Rasenstück mitten im Verkehr ein Dorn im Auge - denn die verblichenen Zelte und Anti-Kriegs-Plakate drohen die glanzvollen Bilder vom königlichen Hochzeitszug zu stören.

"Seit zehn Jahren hier"

"Wir sind jetzt seit zehn Jahren hier", sagt Stewart, auch bekannt als "The Beard" wegen seines langen, weißen Bartes. Gegenüber von Big Ben und dem britischen Parlament sitzt der Anti-Kriegs-Veteran auf einem Campingstuhl. "Wir haben drei Premierminister und zwei Bürgermeister erlebt und alle sagen immer, wir sollen gehen. Aber das kommt nicht in Frage, bevor unsere Truppen nicht nach Hause kommen und die Regierung nicht die Wahrheit sagt", versichert der Gegner der britischen Beteiligung an den Kriegen im Irak und in Afghanistan.

Den Behörden bereiten die wilden Camper mit ihren selbstgemalten Plakaten Kopfzerbrechen. Zwischen den Zelten, die am Fuße einer Statue des ehemaligen Premiers Winston Churchill aufgeschlagen sind, prangern sie auf einem Schild "zwei Millionen Tote, die Cholera, den Hunger" im Irak an. Auf einem Unterstand ist ein Graffito von Königin Elizabeth II. zu sehen, mit Tränen in den Farben der britischen Flagge. 2001 schlug hier als erster der Pazifist Brian Haw seine Zelte auf, als Protest gegen die UN-Sanktionen gegen Irak. Seither ist Haw auf dem Platz zu Hause, auch wenn er zurzeit in Deutschland wegen einer Krebserkrankung behandelt wird.

Behörden tun alles um Platzbesetzer loszuwerden

Im Vorfeld des medialen Großereignisses der Hochzeit tun die Behörden alles, um die Platzbesetzer loszuwerden. Schließlich soll genau hier die königliche Hochzeitskutsche vorbeifahren. "Wir sind fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass der Parliament Square allen zugänglich ist und sich in einem Zustand befindet, der der königlichen Hochzeit würdig ist, wenn er im Fokus nationaler und weltweiter Feierlichkeiten steht", sagt ein Sprecher des Innenministeriums. Im Jänner strengte die Verwaltung von Westminster ein Räumungsverfahren gegen die Besetzer an, offiziell wegen Verkehrsbehinderung. "Wir warten auf einen Gerichtstermin", sagt eine Sprecherin. Bis dahin hat die Polizei keine Handhabe.

"Sie wollen uns loswerden, damit sie Catherine (Kate Middleton) sehen und keine Friedensflagge im Blick haben", sagt Stewart. Barbara Tucker, eine etwa 50-jährige Mutter, lebt seit fünf Jahren hier. "Wir halten hier an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr Mahnwache, weil diese Kriege noch immer andauern. Wir packen jetzt nicht einfach für einen Tag unsere Sachen, weil es denen, die den Krieg führen, nicht so recht in den Kram passt."

Das Viertel ist auch ohne königliche Hochzeit bei Touristen beliebt. Die deutsche Urlauberin Inka Rattunde stören die Anti-Kriegs-Camper nicht: "Jeder sollte ein Recht haben, seine Meinung kundzutun, jeden Tag, überall, sogar während der Hochzeit", sagt die 19-Jährige. "Ich finde, sie sollten hier bleiben dürfen." Ein britisches Pensionistenehepaar ist anderer Ansicht: "Warum sind die nicht bei der Arbeit?", fragt die Mittsechzigerin Vera Rolfe. "Das würde mich mal interessieren. Sie sollten wirklich geräumt werden."

Die Camper zeigen inzwischen guten Willen: Sie haben angeboten, ihre politischen Plakate am Hochzeitstag abzudecken. Sogar ein neues haben sie gemalt - mit einem großen, roten Herz und den Namen William und Kate.