Noch beim silbernen Thronjubiläum 1977 sah es nicht gut aus für die Queen. Die "Sex Pistols" protestierten am lautesten mit ihrer Brachialversion von "God save the Queen" gegen Elizabeth und ihr Gefolge. Mit Zeilen wie: "God save the Queen. The fascist regime", heizte die Band um Johnny Rotten und Malcolm McLaren in Großbritannien gehörig ein. Mitten unter den Anti-Royals war damals auch die Mutter des Punk, Modemacherin Vivienne Westwood.

"Um 180 Grad gedreht"

Doch die Zeiten ändern dich. "Ich habe mich um 180 Grad gedreht", sagt Westwood heute. "Früher dachte ich, die Queen stehe für die Heuchelei der Politiker. Nun weiß ich, dass sie besser als alle Politiker ist. Sie steht weit über ihnen. Sie ist wie sozialer Zement", sagt sie. Auch die Zeiten ändern sich. Die Akzeptanz der britischen Monarchie war nie so groß wie in diesen Tagen. 88 Prozent der Briten stehen hinter ihren Royals. Selbst Prinz Charles und Camilla bringen es laut Umfragen noch auf 51 Prozent Zustimmung, müssten sie jetzt den Thron besteigen.

"Dies ist das Jahr, in dem wir es wissen wollen", hatte Premier David Cameron zum Super-Festjahr mit Thronjubiläum und Olympischen Spielen reißerisch Optimismus verbreitet. Wie auf Befehl ist die Arbeitslosigkeit im Land seit April auch stetig zurückgegangen. "Unsere Kinder sollen sich ihr Leben lang an dieses Fest erinnern", sagt Sunil Suchak, ein Greißler, der im Londoner Vorort Acton eine Straßenparty organisiert. Seine Helfer sind Sonia und Ellie, Flüchtlinge aus dem Iran, die nun einen Schönheitssalon betreiben. Erst werden selbst gebastelte Kronen prämiert, dann die Gläser gehoben, um einen "Toast" auf die 86-jährige Monarchin zu sprechen. 10.000 solcher Partys gibt es dieses Wochenende. Mehr als bei der Krönung der Queen 1953, erklärt Peter Stewart, Organisator der Initiative "Big British Lunch". "Es wird magisch, wenn sich sechs Millionen Menschen im Land an ihre Tische setzen".

In Goring-on-Thames in Oxfordshire soll der Tisch einen Kilometer lang werden. Banford, nur ein paar Kilometer weiter, ist noch ehrgeiziger und hat schon die Inspektoren vom "Guinness Buch der Rekorde" eingeladen. Es soll ein Weltrekord-Lunch werden. Gekocht wird nach Rezepten aus den 50er-Jahren, zur Unterhaltung gibt es Hula Hoop und Rockabilly-Sound. "60 Jahre war die Queen der Glanzpunkt unseres nationalen Lebens, brillant, ausdauernd, unverwüstlich", gratulierte dieser Tage Premier David Cameron. Wieder einmal sind die langlebige Queen und die königliche Familie Brennpunkt für die Erinnerungsarbeit der Briten: ein Symbol für Zusammengehörigkeit, Geschichte und Identität. Ihre Ära wird schon das "zweite elisabethanische Zeitalter" genannt.

Nation in Partylaune

"Das Thronjubiläum" werde mehr zum Wohlbefinden der Nation beitragen als die Olympischen Spiele, versichert die Sozial-Denkfabrik "Future Britain": Die Briten wüssten, dass sie wirtschaftlich und gesellschaftlich in eine ungewisse Zukunft steuern.

Aber ein Jahr nach den schweren Krawallen in britischen Großstädten regiere "hartnäckiger Optimismus". "Wir glauben, dies ist ein Jahr gemeinsamer Hoffnung", resümiert ein Mitarbeiter der Denkfabrik. Das bestätigt auch Gina Coladangelo in Brixton: Ihre Straßenparty soll Mut nach den Krawallen vom letzten Sommer machen. Auch ihr Mann wurde damals von Plünderern übel zugerichtet. "Das Thronjubiläum soll uns Menschen wieder zusammenführen. Eine Party ist dafür gar nicht so schlecht", sagt Gina.

Übrigens: Der Großteil wird aus Spenden finanziert, auch die 10 Millionen Pfund für den Schiffskorso. Das Unternehmen "Brand Finance" schätzt die Kosten der Party auf 1,4 Milliarden Pfund. Dem stehen Sondereinnahmen aus Tourismus etc. von 2,4 Milliarden Pfund gegenüber. Als Bilanz darf eine Milliarde Pfund Gewinn angenommen werden.