chillernd, melancholisch, impulsiv: Frida Kahlo, ein sich permanent wandelndes Kaleidoskop menschlicher Empfindungen. Vielleicht macht gerade das die Faszination an ihrer Person aus – über 60 Jahre nach ihrem Tod. Gleich drei Ausstellungen nähern sich derzeit dem bewegten Leben und Wirken der mexikanischen Ausnahmekünstlerin.

Als Sechsjährige an Kinderlähmung erkrankt, mit 18 Jahren bei einem Verkehrsunfall von einer Eisenstange durchbohrt, über 30 Operationen, drei Fehlgeburten, kurz vor ihrem Tod wurde der rechte Unterschenkel amputiert: Ihr Leben lang kämpfte Frida Kahlo mit ihrem Körper, die Malerei und die Mode waren ihr psychisches und physisches Korsett. Die Bilder, Spiegel ihrer Innenwelt nach außen, die Mode, Schutzgerüst gegen die Blicke von außen.

Ein halbes Jahrhundert unter Verschluss

50 Jahre lang – nach ihrem Tod im Juli 1954 – blieb ihr Ankleidezimmer in ihrem Haus in Mexiko City auf Wunsch ihres Ehemannes Diego Rivera verschlossen. Vor zehn Jahren wurde es geöffnet und verzückte nicht nur Designer und Modeexperten: Hunderte Kleidungsstücke ermöglichten einen Einblick in die Stilwelt Kahlos, die die traditionelle mexikanische Tracht der Tehuantepec im urbanen Bereich wieder salonfähig machte.

Nickolas Muray gilt als der Kahlo-Fotograf schlechthin. 2012 zierte sein 1939 entstandenes Foto das Cover der Vogue Mexiko
Nickolas Muray gilt als der Kahlo-Fotograf schlechthin. 2012 zierte sein 1939 entstandenes Foto das Cover der Vogue Mexiko © Nickolas Muray/Vogue

Traditionelle, handgewebte Huipiles (Blusen) mit komplexen Stickereien, lange, bunt gemusterte, ihren geschundenen Körper verhüllende Röcke – für Frida Kahlo Ausdruck ihrer mexikanischen Identität, Ausdruck einer Leichtigkeit und Lebensfreude, die sie körperlich aufgrund andauernder Schmerzen nie mehr wieder finden würde. Auch den Rebozos, den traditionellen Schals, verhalf sie zu weltweiter Berühmtheit. Ihre Frisuren, Kunstwerke in der Tradition der Oaxaca-Frauen, sollten den Betrachter von der unteren Körperhälfte ablenken.

"Zwei Fridas" aus dem Jahr 1939 © Tate Modern/APA

Ein Drittel ihrer Arbeiten sind Selbstbildnisse, der Mode kommt auch hier eine Schlüsselposition zu, ist Ausdruck von Kahlos aktueller Befindlichkeit – wie das 1939 entstandene Bild „Zwei Fridas“ zeigt. Nach der Scheidung von Rivera, der sie ständig betrog, malte sie zwei Ausgaben von sich – die mexikanisch gekleidete Frida als Frau, die geliebt wurde. Die europäisch gekleidete Frida als die ungeliebte Frau, die auch der Liebe abschwört. Die europäische Kleidung, hochgeschlossen, eng, steif, farblos, war für sie immer auch Ausdruck einer emotionalen Abschnürung. Ihr wohl wichtigstes Schwert gegen das Einengende war die Farbe – selbst auf dem Krankenbett bemalte sie ihr Gipskorsett.