Die Wahlplakate an Mailands Straßen zeigen, dass die politische Zukunft des Landes auch nach dem Urnengang vom Sonntag und Montag von Männern bestimmt sein wird. Von den Laufstegen indes kommt ein Frauenbild, das auf Stärke, Würde, Klasse und zuweilen auch Rebellion setzt. Die Mode ist der Politik in puncto Gleichstellung also ein Stück weit voraus.

So findet das Frivole keinen Platz mehr. Die Minis hier und da können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rocksäume unter das Knie fallen, die der Mäntel noch weiter herab. Viel Volumen kommt ins Spiel.

Die neue Mode ist elegant, hat Stil, mit Reminiszenzen an die 1940er- und 1950er-Jahre. Weiblichkeit darf es auch weiterhin geben, nur zeigt sie sich subtiler, etwa in Bleistiftröcken. Oder aber mystisch und ein bisschen verrucht wie bei Gucci oder Prada.

Mit Punk lebt die Rebellion wieder auf. Versace spielte das Thema in all seinen Facetten durch, auch Fendi und andere Modehäuser nahmen es auf. Dass selbst Pelz Punk sein kann, ist im Verwertungssystem der Mode kein Widerspruch.

Über die vielen Karomuster, die sowohl den schottischen Kilts als auch dem Punk zuzuordnen sind, kommen britische Einflüsse ins Spiel. Viele Stoffe, etwa Flanell, Glencheck oder Tweed, sind der klassischen englischen Herrengarderobe entliehen. Durch Stickereien oder Borten sowie mit ironischen Spielereien verlieren sie aber ihren formalen Charakter.

In den Zeiten der Krise besinnt sich Italiens Mode zudem auf die ureigenen Stärken. Handwerkskunst, Stoffinnovation, Verarbeitungsgeschick stehen hoch im Kurs. Ein beeindruckendes Beispiel dafür lieferten am Samstagabend Aquilano.Rimondi. Die beiden Designer schwelgten in golddurchwirkten Stoffen und atemberaubenden Patchworkarbeiten mit Jacquards, Zobelpelz, gedruckten oder aufgestickten Herzmotiven, Schößchen-Elementen, vielem mehr. Jedes Kleid, jeder Mantel war eine Augenweide.

Cavalli

Auch Roberto Cavalli verfiel der Opulenz. Der Designer aus Florenz ließ handgemalte Blütenmotive auf Seide, Samt oder Leder drucken. Dazu gibt es viele Intarsienarbeiten und aufwendige Stickereien für einen prachtvollen Auftritt.

Jil Sander

Ganz anders Jil Sander. Ihre Modesprache ist viel schlichter, kühler, moderner. Und doch eint sie mit den "barocken" Italienern der Sinn für die Verarbeitung, das Material. Schlichte Formen, unter das Knie fallende Röcke, lange Mäntel und präzise gesetzte Details zeigen, dass die Hamburgerin nach ihrem Comeback vor einem Jahr wieder an ihre großen Tugenden anzuknüpfen weiß.

Marni

Am Sonntag trieb Marni das in Mailand omnipräsente Pelz-Thema noch einmal auf die Spitze. Das Schlüsselelement war dabei ein lose zu tragender hoher Kragen, der dann als Schal weiterläuft. Damit werden strenge Kombinationen aus grauen Wollstoffen akzentuiert. Consuelo Castiglioni, die Designerin hinter Marni, interpretiert Pelz zumeist grafisch im Zweifarben-Look. Und am Abend legt sie den Frauen kurze Fell-Capes über die Schulterpartie ihrer Kleider.

Emporio Armani

Bevor Giorgio Armani am Montag mit seiner Hauptlinie für den letzten Höhepunkt der Mailänder Modewoche sorgen wird, stellte er am Sonntag seine auf eine jüngere Klientel ausgerichtete Kollektion vor. Bei Emporio Armani gab es helle, zarte wie auch tiefe, dunkle Farben. Mäntel zeigte der Mailänder in verschiedenen Silhouetten, etwa mit markierter Taille oder im geraden langen Schnitt. Mit dem Zusammenspiel von Seide und Mohair entstehen kontrastreiche Bilder. Und für den Abend bietet Armani weite, bis Wade oder Knöchel reichende Samtroben an.