Entgegen einer weitverbreiteten Überzeugung entsteht das Hoch, das ihren Namen trägt, nicht auf den Azoren. Die Wettererscheinung heißt nur so in Ermangelung eines anderen Fixpunktes mitten im Atlantik. Trotzdem ist die portugiesische Inselgruppe eine wahre Wetterküche: Sonnenschein, Wind und Regen wechseln einander in kurzer Folge ab. Dennoch ist sie ein gutes Terrain für entdeckungsfreudige Naturliebhaber.

In der „Chá Gorreana“ von Hermano Mota werden in fünfter Generation naturbelassen grüner und schwarzer Tee produziert
In der „Chá Gorreana“ von Hermano Mota werden in fünfter Generation naturbelassen grüner und schwarzer Tee produziert © BENEDIKT

Der Weg von der Hauptstadt Ponta Delgada ins idyllische Furnas an der Nordküste führt vorbei an der „Chá Gorreana“, einer der beiden letzten Teeplantagen Europas. Hermano Mota (72) pflegt die seit 1883 aktive „Teefabrik“ in fünfter Generation. Alte, mit Keilriemen angetriebene Maschinen verarbeiten und trocknen die zarten Teeblätter, in Säckchen abgefüllt werden sie noch händisch von fleißigen Arbeiterinnen aus der Umgebung. Pestizide sind verpönt – das schmeckt auch der Laie am runden, seidigen Geschmack des Aufgusses in der urigen Teestube.

Ponta Delgada (deutsch: Schmale Spitze) ist die Hauptstadt der Azoren und liegt auf der Haupt- insel São Miguel. Dort leben rund 140.000 Menschen
Ponta Delgada (deutsch: Schmale Spitze) ist die Hauptstadt der Azoren und liegt auf der Haupt- insel São Miguel. Dort leben rund 140.000 Menschen © (c) De Visu - Fotolia (Dmitry Berkut)

Furnas ist schon von Weitem an den aufsteigenden Dampfschwaden zu erkennen, die aus den heißen Quellen aufsteigen. In den sogenannten „Caldeiras“ brodelt und dampft es, dem Schwefelgeruch kann man sich nicht entziehen. Im Terra-Nostra-Park, der die ehemalige Villa eines millionenschweren US-Diplomaten umgibt, lockt ein Thermalwasser-See zum Baden. Hineinzuspringen kostet jedoch Überwindung, denn das eisenhaltige Wasser hat eine wenig einladende braune Farbe.

Insgesamt 22 Quellen dampfen bei Furnas, jede trägt einen Namen, und ihr (abgekühltes!) Wasser soll gegen bestimmte Zipperlein helfen
Insgesamt 22 Quellen dampfen bei Furnas, jede trägt einen Namen, und ihr (abgekühltes!) Wasser soll gegen bestimmte Zipperlein helfen © (c) karnizz - Fotolia

Das heiße Wasser wird von den Einheimischen obendrein für die Herstellung von „Cozido“ genutzt. Ein Eintopf, der am frühen Morgen in eine der Heißwasserquellen gehievt wird. Sechs Stunden später ziehen geübte Hände die Tontöpfe an Seilen heraus und liefern sie an die umliegenden Restaurants. Wer die Mischung aus Gemüse, Fleisch, Chorizo und Blutwurst verkosten will, muss sich wegen der langen Garzeiten Tage vorher anmelden.

Auf den Azoren ist der Tourismus noch ein zartes Pflänzchen, das sich anschickt, den jungen Inselbewohnern Beschäftigung zu bieten. Einer von ihnen ist Diego Santos. Der 33-Jährige hat zwar Agrarökonomie studiert, ist aber Tour-Guide geworden. Dank zweier Semester in Erlangen spricht er perfekt Deutsch und führt seine Gäste auf abenteuerlichen Wegen die Vulkan-Krater entlang, die die Hauptinsel São Miguel prägen. Sechs feuerspeiende Berge zählt das Eiland, vier davon sind noch aktiv.

Die bis zu fünf Meter hohen Hortensien, die das Landschaftsbild der Azoren dominieren, sind gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus Asien eingeführt worden
Die bis zu fünf Meter hohen Hortensien, die das Landschaftsbild der Azoren dominieren, sind gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus Asien eingeführt worden © (c) shine73 - Fotolia

Auf den Wanderwegen bietet sich die Gelegenheit, über die Eigenarten der grünen Inseln im Atlantik zu plaudern. Das wichtigste Fest ist jenes zu Ehren des Heiligen Geistes (Espirito Santo), das ab dem siebenten Sonntag nach Ostern in jedem Ort zu einem anderen Termin gefeiert wird. Am Festtag selbst wird die Heilig-Geist-Suppe gereicht. Als Nachspeise gibt es Massa Sovada, das süße Festtagsbrot und den Vinho de Cheiro. Auch Touristen werden umsorgt, eine Einladung darf man schon aus Gründen des Anstandes nicht ausschlagen.