Die Glocken von Braga haben ihren eigenen Rhythmus. Nachvollziehen kann ihn bestimmt niemand auf Anhieb. Auch wenn man auf mehr als einen Vinho verde – den frischen „grünen Wein“ des Landes – in dem kleinen Café am Platz mit der gefliesten Fassade hocken bleibt.

Das Läuten der Glocken der ältesten Kathedrale Portugals ist ein abwechslungsreiches Spiel aus hohen und mahnenden Tönen in teils langsamer, teils rasanter Abfolge. Fast scheint es, als wolle sie die lebhafte Geschichte Portugals vertonen – wechselhaft in den Anfängen von der römischen Herrschaft über die Germanen, Mauren, Burgunder, Habsburger. Die stürmische Zeit der großen Seefahrer – Vasco da Gama etwa, der den Seeweg nach Indien öffnete. Bis zur jüngeren Vergangenheit, der Nelkenrevolution gegen die Diktatur des Estado Novo, des „Neuen Staates“, Salazars.

Mittelalterliches Guimarães

Die Glocken weben auch den Klangfaden zum verträumten Guimarães (sprich: Gimaräisch), der kleinen Kulturhauptstadt von 2012. Über den schmuck beleuchteten Oliveira-Platz mit seinem knorrigen Olivenbaum flaniert man vorbei an zweistöckigen Bauten mit Zinnen und Holzbalkonen und fühlt sich ins Mittelalter versetzt. Und dann meldet sich „Nossa Senhora da Oliveira“ zu Wort. Langsam und gemächlich starten die beiden Glocken der Kirche, ganz im Sinne der Portugiesen, die nichts weniger schätzen, als aus der Ruhe gebracht und gedrängt zu werden. So passt man sich dem Lebensgefühl an, während man vom Himmelsspeck nascht – Toucinho do céu, einem wunderbar speckigen Kuchen mit Mandelaroma.

Auf der Ritterburg

Wenn die Senhora zum dritten Mal schlägt, ist es Zeit, für den kurzen „Aufstieg“ zur Ritterburg über der Stadt. Das wehrhafte rund 27 Meter hohe Wahrzeichen von Guimarães ist der Nachbau jener Burg, in der einst ein wahrer Teufelskerl regiert haben soll. Afonso Henriques, der berühmteste Sohn der Stadt, bescherte Portugal im zwölften Jahrhundert die Unabhängigkeit von Spanien und krönte sich zum ersten König des Landes.

Wer sich von den kleinen Geschäften mit Kunsthandwerk loseisen kann, steuert Porto an. Wie in Lissabon der Tejo (sprich: Tescho) trennt die nördliche Stadt der Douro. Sechs Brücken überspannen den Fluss – die mächtige Bogenbrücke Ponte Dom Luís I. misst rund 385 Meter und wiegt etwa 3000 Tonnen.

Beim Schifferlfahren lasst sich die Farbenpracht Portos am besten entdecken
Beim Schifferlfahren lasst sich die Farbenpracht Portos am besten entdecken © (c) SeanPavonePhoto - Fotolia

Als Fußgänger hat man einen fantastischen Blick über den Fluss, die Mündung in den Atlantik und die Altstadt, die 2016 20 Jahre zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Und auf eine überdimensionale Schattengestalt in dunklem Umhang, der wie ein gesetzter Zorro über die Stadt wacht. Was er verkörpert, kann durchaus Feuer haben – Sandeman ist eines der Aushängeschilder Portugals für (Port-)Wein und Spirituosen.

Und wieder eine Glocke. Diesmal könnte man sie als Ruf zum Mittagessen verstehen. Aber gern! Auf den Fang des Tages an das Ufer des Flusses also.