Ein bisschen Mut muss man schon aufbringen, um den Glockenturm der Kathedrale des heiligen Laurentius in der Stadt Trogir in der Region Dalmatien zu erklimmen. Verantwortlich dafür ist nicht die Höhe von 47 Metern, sondern der Weg zum imposanten Rundumblick. Der führt über eine steinerne Wendeltreppe, die in eine eiserne Hühnerleiter mündet – ohne Netz oder doppelten Boden. Der Ausblick auf die Altstadt der 14.000-Seelen-Gemeinde entschädigt aber für jeden vergossenen Tropfen Angstschweiß.

Der venezianische Glockenturm vis-à-vis, die engen Gässchen und die Cafés vermitteln einen Eindruck davon, warum frisch Verliebte besonders gern hierherkommen. „Trogir ist eine der romantischsten Städte Dalmatiens“, ist Stadtführerin Ana Vuletic stolz. Der Charme der Stadt hat auch die Produzenten der Winnetou-Filme verzaubert, gleich drei Karl-May-Streifen wurden in den 1960er-Jahren in der Hafenstadt gedreht.

Auch abgesehen von den Pseudoindianern ist Dalmatien ein kultureller Schmelztiegel. In den zum Unesco-Weltkulturerbe ernannten Altstädten von Split, Dubrovnik, Trogir und den Inselhauptstädten Hvar und Kor(c)ula sind die Einflüsse der Venezianer ebenso zu spüren wie jene der Illyrer, die im Altertum die Region als Erste besiedelten. Den Delmaten, ein auf Schafzucht spezialisierter illyrischer Stamm, hat die Gegend ihren Namen zu verdanken. Noch heute bezeichnen Einheimische die Region schmunzelnd als „Land der Schäfer“.

Der Geschichte Österreichs, dem Dalmatien Ende des 18. Jahrhunderts in die Hände gefallen war, begegnet man ebenso an vielen Ecken, so auch auf Hvar. In der gleichnamigen Hauptstadt, deren Häuser sich in der Altstadt auf einem Hügel über dem Hafen schmiegen, hat Sisi ihre Spuren hinterlassen. Als die Loggia im Jahr 1903 umfunktioniert wurde, steuerte die Kaiserin eine stattliche Spende bei. Das „Kaiserin Elisabeth Hotel“ war geboren.

Mit Blick auf die Altstadt und die Loggia lässt es sich im Restaurant „Kod Kapetana“ (Zum Kapitän) herrlich speisen. Der Kellner tischt die Fischsuppe „Gregada“ auf, Drachenkopf und andere Fische schwimmen darin in reichlich Öl. Ein Grundsatz, den auch Sveto Pejic von der „Vila Koruna“ in Mali Ston – einem beliebten Muschelrestaurant mit eigener Austernzucht – beherzigt. „Meeresfrüchte müssen drei Mal schwimmen: einmal im Meer, einmal im Öl und schließlich einmal im Wein.“

Viel Rebensaft dürfte in Split schon in der Antike geflossen sein: Hier hat sich der römische Kaiser Diokletian, der aus Dalmatien stammte, einen Alterssitz bauen lassen. Der riesige Komplex (30.000 Quadratmeter!) ist eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Kroatiens, ebenso wie die Altstadt von Dubrovnik.

Seit Teile der Festung in der Fantasyserie „Game of Thrones“ weltweit über die Bildschirme flimmern, kann die Altstadt die Touristenmassen kaum noch aufnehmen. Dabei hätte es die TV-Werbung nicht gebraucht, wusste doch schon Nobelpreisträger George Bernard Shaw: „Alle, die das Paradies auf Erden suchen, sollten nach Dubrovnik kommen.“ Auf der Suche nach dem sprichwörtlichen Garten Eden wird man aber auch im Rest Dalmatiens fündig.