"Kalimera!“, ruft Vasilis Asderakis voller Inbrunst und breitet die Arme zur Begrüßung aus. „Und als Erstes trinken wir gleich einmal einen Tsipouro“, grinst der Tourismuspräsident von Nea Anchialos in perfektem Deutsch und verteilt das Anis-Destillat, das so typisch für die Region ist, sichtlich amüsiert und in generösen Mengen. Es ist „Tsipouradika“-Zeit, ein Ritual, das die Menschen in Magnesia zur täglichen Routine erhoben haben.


Dabei wird eine Vielzahl kleiner Teller mit feinsten lokalen Spezialitäten auf den Tisch gebracht und zu jedem einzelnen wird ein Tsipouro serviert. So verlangt es die Tradition. Na dann, Jamas!


Die herzliche Gastfreundschaft und die bodenständige Gemütlichkeit sind nur zwei Facetten, die dieser Region unverwechselbaren Charme verleihen. Viele weitere sollen noch folgen. Die Landschaft beispielsweise, die sich mit ihren malerischen Dörfern sanft bis an die Seite des Pagasitischen Golfes zieht und dabei eine Ursprünglichkeit an den Tag legt, die mit dem hektischen Treiben des andernorts forcierten Massentourismus nicht das Geringste gemein hat. Von Magnesia – auch Thessalien genannt – der historischen Gegend im Norden Griechenlands, geht ein ganz spezieller Zauber aus. Es ist einerseits typisch griechisch, aber andererseits wieder so wohltuend anders.


Kein Wunder, dass sich die griechischen Götter in der Mythologie das Piliongebirge, das so herrschaftlich über Thessaliens Hauptstadt Volos ragt, zu ihrer Sommerresidenz auserkoren hatten. Hier fand der Überlieferung nach nicht nur die Götterhochzeit zwischen Peleus und Thetis statt, von Volos aus nahm auch das sagenumwobene Schiff Argo mit Jason und den Argonauten die Suche nach dem „Goldenen Vlies“ auf.

Himmelsbrücke

Ein Stück weiter, im Nordwesten der Halbinsel, raubt einem der Anblick der Meteora-Klöster, imposanter Wunderwerke aus dem 11. Jahrhundert, die zum Unesco-Weltkulturerbe zählen, den Atem. Es sind Felsformationen, die aus der Ebene in den Himmel wachsen. Obendrauf verwegen angesiedelte hellenische Klostersiedlungen, die zum Teil selbst heute noch bewohnt sind.


An der Ostküste des Pilion prägen die Anbaugebiete traditioneller Produkte wie Obst, Öl, Wein oder Maronen das Bild, ehe sich die Berglandschaft sanft mit der Ägäis verbindet. Vor allem die Strandabschnitte rund um Agios Ioannis, die auch als Drehort für die Verfilmung des Musicals „Mamma Mia!“ dienten, lassen das Herz des Individualtouristen schneller schlagen. Azurblaues Wasser, weiße Sandstrände, geheimnisvolle Grotten und vor allem eines: Ruhe.


Wer von der Idylle irgendwann genug hat, kann im Hafen von Volos die Fähre in Richtung nördliche Sporaden nehmen und ist ruckzuck bei der mondänen Insel Skiathos angekommen. Auch sie diente als Kulisse für „Mamma Mia!“ und präsentiert sich aus diesem Grund noch immer in hollywoodreifem Zustand.

BIRGIT KAINER