M anchmal wechselt die Witterung mitten in der Kurve. Regen, Sonne, Regen, Sturm, Sonne, Nebel, Windböen - das alles kann einen an einem einzigen Tag in Tassie, wie die Aussies ihr Tasmanien zärtlich kosen, überfallen - obwohl die Insel auf dem gleichen Breitengrad liegt wie Istanbul oder Rom. Schuld ist die Westwindzone namens "Donnernder Vierziger". Wie passend!

Um es festzuhalten: Diese Launen sind liebens- und verliebenswert, schmiegen sich wie maßgeschneidert an dieses wilde, einsame und unberechenbare Eiland, das 19 Nationalparks beheimatet. Und genau dort, zwischen Buttongras, Mooren, Eukalyptus, Bergen, Klippen oder einsamen weißen Sandstränden, erkundet man Tasmanien am besten.

Wer zum Maria-Island-Nationalpark will, einer unbewohnten Insel an der Ostküste, muss es erst einmal schaffen, am Abend davor in Triabunna, dem größten Ort der Ostküste (knapp 800 Einwohner beschaulich) nicht zu verhungern. Das Pub serviert Essen - aber nur bis 19.30 Uhr, dann ist Schluss. Dafür päppeln Hans und Britt Steiner (Überraschung: zwei ausgewanderte Steirer) einen am nächsten Morgen in ihrer heimeligen Gallery Artspaces mit Apfelstrudel, Marmorkuchen und herrlichem Kaffee wieder auf. Es gäbe auch Gulasch, auf Englisch Goulash. Die beiden Weltenbummler haben an zig Orten in Australien gelebt - in Tasmanien haben sie ihre Heimat gefunden. "Weil es so herrlich ruhig ist", sagen sie. Dass sich das ändert, daran arbeiten sie, rotieren in der Region und verkaufen Weine, Seifen oder Kunsthandwerk der Region. Eine Prognose für Triabunna: Belebung in Sicht.

Unberührt ist untertrieben

Ein Schnellboot überstellt Wildnishungrige zwei Mal täglich von Triabunna zur einstigen Gefängnisinsel Maria Island. Vorausgesetzt, man hat ein Proviantpackerl dabei - mit Kaffee und Co. wartet die Natur nämlich nicht auf. Highschool-Mädchen, drei Lehrer und zwei Vogelkundler schaukeln mit uns übers Meer. Die Ticket-Dame fragt: "Wissen Sie, was zu tun ist, wenn Sie auf giftige Schlangen treffen?" Ihr Ratschlag: ausweichen. Die ausgeborgten Mountainbikes könnten dabei helfen.

Unberührt ist untertrieben. Maria Island ist eine Abenteuerspielwiese der Superlative: bemalte Felsen, meilenlange weiße Strände, von Aborigines drapierte Knochen, Urwäldchen, watteweiche Wiesen zum Bergabbrettern, Raftingwasser. Dank der Isolation begegnet man Wald-Kängurus, den seltenen Panthervögeln oder Rotnackenwallabys. Seit November verzeichnet die Insel einen teuflischen Neuzugang: die tasmanischen Teufel. Und zwar 15 Stück, probeweise.

Denn die Tiere, die man hierzulande in erster Linie aus den Comics kennt, sind geschützt und seit den 1990ern wegen eines Gesichtskrebses, der sich seuchenhaft ausbreitet, gefährdet. Forscher versuchen, sie an mehreren Stellen krankheitsfrei aufzuziehen, um sie dann - wie eben auf Maria Island - wieder auszusetzen. Glückt das Experiment, sollen weitere 35 folgen.

Um die schnellen, scheuen Stinker zu beobachten, muss man eine Zuchtstation oder den "East Coast Natureworld", nördlich von Bicheno, aufsuchen. Dort lümmeln sie friedlich im Gras. Aber wehe, wenn Fütterung (täglich 12.30/15.30 Uhr): Dann spitzen sie die Zähne und verschlingen Mäuse und andere Tiere binnen Sekunden. Ganz.

Weinglas, doppelt

In freier Wildbahn erinnern nur die Warnschilder an die Teufel. Unter Touristen sind diese teuflisch begehrt - die echten und jene in Touristenshops. Typisch tasmanisch sind außerdem: tasmanischer (Achtung, teuflisch!) Pfeffer, Wein (z. B. Riesling, Chardonnay, Sauvignon Blanc, Pinot Noir, Merlot), Oliven, Whiskey oder Austern. Auch eine Begegnung auf der Straße: Busse mit Gourmetreisenden, die tagelang von einem Wein- zum nächsten Schafbauern zuckeln.

Im Freycinet-Nationalpark, einer Halbinsel im Nordosten Tasmaniens, ist das Wein-Prinzip sozusagen auf Sand gebaut: Bei der berühmten Weinglas-Bucht (Wineglass Bay) gibt es einen pudrig weißen Strand in Form eines Glases. Er ist neben den Teufeln das beliebteste Fotomotiv des Eilands. Um den Strand in voller Breite auf das Display zu bekommen, muss man in einen Helikopter steigen oder Wanderschuhe anziehen und 1,5 Stunden durch wundersame Granitformationen zum Aussichtspunkt steigen.

Nur manchmal wechselt das Wetter dann in der letzten Kurve von Sonne auf Nebel.