Heiße Nächte fühlen sich anders an. Wenngleich es im Arktis-tauglichen Schlafsack des Schneehotels in Kirkenes nicht ganz so eiskalt ist, wie befürchtet. Aber wehe, wenn man die Nase hinaussteckt aus der Verpackung! Denn die Raumtemperatur in diesem Iglu für Möchtegern-Abenteurer beträgt etwa minus sechs Grad. Und das Bett, auf dem immerhin eine Matratze liegt, ist mit Eis umrahmt...

Aber es sind ja nur noch ein paar Stunden bis zum Morgen. - Ein paar Stunden, in denen selbst notorische Langschläfer zu Frühaufstehern werden: Schon ehe die Sonne aufgeht in der Finnmark im nördlichsten Norden Norwegens, beginnt in der Sauna das Treffen der tiefgekühlten Helden, die dort wieder auftauen.

Auf den Hund gekommen

Gleich nach dem Frühstück geht es wieder ab in die Kälte. Die Huskys bellen in unbändiger Freude auf eine Runde mit touristenbefrachtetem Schlitten im Schlepptau. Zuvor aber will jeder Hund gestreichelt und umarmt werden. Wenn sie danach vor den Schlitten gespannt sind, können sie es kaum erwarten, loszurennen, durch Schnee, Schnee, Schnee. Huskys haben übrigens Humor: Sie lassen sich auch von uns lenken. Wofür es dann ein "Diplom" gibt. Womit die nächste "Heldentat" vollbracht wäre.

Weiter geht es dann auf hoher See. In Kirkenes gehen wir an Bord der MS Midnatsol, eines der Hurtigruten-Schiffe, die einst als Postschiffe die Westküste Norwegens abgeklappert haben.

Geklappert wird auch jetzt: An Bord grassiert das Strickfieber.

Für uns ist das aber nicht die richtige Masche. Wir richten uns nur schnell in unseren Kabinen ein. Dann geht es an Deck neun, in die oberste Etage, des Schiffes, das Tausenden Passagieren Platz bietet. In den Whirlpool, der dort nahe an Hubschrauberlandeplatz ist, zieht es uns vorerst nicht.

Denn auf See gibt es Interessanteres zu beobachten: Ob es stürmt oder schneit, ob es regnet oder die Sonne scheint, stets inszeniert sich die Natur neu - entlang der Fjorde, zwischen Felsen und Meer. Farbige Holzhäuser stehen dicht an dicht auf schmalen Landstrichen mitten im Meer.

Leuchttürme säumen unseren Weg. Aber vor allem ein ganz spezielles Leuchten hat die meisten der Passagiere der Hurtigruten-Schiffe in seinen Bann gezogen: das Nordlicht.

Nacht für Nacht treffen sie sich an Deck. Eingemummt und bewaffnet mit Kameras und Stativen. "Hunting the Light" ist das Motto der Nordlichtjäger. Neulinge, Hobbyfotografen, die diesem Club noch nicht beigetreten sind, tun das spätestens dann, wenn sich die ersten grünen Streifen am Nachthimmel zeigen.

Schon am nächsten Tag wartet die Gelegenheit, einem anderen Verein beizutreten: dem Eisbärenclub in Hammerfest. Aber viel Zeit bleibt nicht in nördlichsten Stadt der Welt. Das Schiff wartet nicht. Wir müssen ja um Mitternacht in Tromsø sein, beim Konzert in der Eismeerkathedrale.

Weiter geht es am nächsten Tag durch den Raftsund zwischen der Inselwelt der Vesterålen und jener der Lofoten. In der Dämmerung, die Felsen und Meer in rosa Licht taucht, sehen wir ein Naturschauspiel sondergleichen. Eine Lichtshow, die kein Regisseur der Welt besser in Szene setzen könnte.

Tags darauf überqueren wir den Polarkreis. Während wir an Deck frieren und fotografieren, passiert das Schiff die Gebirgskette der "Sieben Schwestern".

Aber wir warten vor allem auf eines: auf nichts. Auf das Loch im Torghatten. Jenen 160 mal 35 Meter großen Krater im Berg, um den sich Sagen ranken. Die Lücke, die durchlässt, was an anderen Bergen abprallt: das Licht.