Genuss hat mit Diversität zu tun", lautet ein Satz, den Veit Heinichen gerne sagt, unlängst in der Ö1-Reihe "Gedanken" zum Thema Genießen. Dabei kann sich Vielfalt durchaus auf Singuläres beziehen. Wie Heinichen (Vater des erfolgreichen Triestiner Commissario Proteo Laurenti, dessen achter Fall im Frühjahr bei Zsolnay in Buchform vorliegen wird) ebenso unlängst bei der sechsten Ausgabe von "Mare e Vitovska/Vitovska in Morje" als Moderator eines Symposions vermittelte. Bei der jährlichen Verkostung von Weinen der Rebsorte Vitovska auf Schloss Duino nämlich. Dabei ging man auch der Frage nach, ob die weiße Traube tatsächlich Abkömmling der Rebsorte Glera ist (aus welcher der Prosecco erzeugt wird).

Der wissenschaftliche Ernst wich im Anschluss im prächtigen Ambiente des Schlosses der Thurn und Taxis vulgo Torre e Tasso dem puren Genuss. Zwei Dutzend italienische und slowenische Winzer aus dem Karst präsentierten ihre Vitovska-Kreationen - und überraschten mit Diversität. Vielfalt, die sich auch Amateur-Trinkern erschließt, deren Beurteilungsvokabular über "gut" und "schlecht" nicht wesentlich hinausgeht. Kleiner Trost von Spitzenwinzer Kante aus Prepotto/Praprot: "Tutt'altro e supèrfluo", "Alles andere ist überflüssig".

Prepotto ist ein Zentrum des "Weinwunders" im Karst/Carso/Kras. Danilo Lupinc, weiß auch Veit Heinichen, war einer der Ersten, die mehr machen wollten aus ihrem Rebensaft. Sein Sohn Matej führt heute den Betrieb samt Agriturismo und parkähnlicher Osmizza, sprich Buschenschenke. Neben Kante und Lupinc sind in Prepotto Gabrovec, ?kerk und Zidarich Namen, welche die Fahrt ins Land über Triest lohnen. Neben Vitovska kultivieren hier alle auch Terrano/Teran und Malvasia.

Betätigungsfeld

Andere Ortsnamen, welche aus önologisch-kulinarischen Gründen - aber nicht nur deswegen - angesteuert werden können und sollen: Sales/Sale?, San Michele del Carso/Vrh, Sgonico/Zgonik, Komen, Dutovlje, Padriciano/Padri?e, Crogole/Kroglje, San Dorligo del Valle/Dolina, Se?ana, Pese/Pesek, Dvor, Monrupino/Repentabor, ?tanjel. Ein auch für Pedalritter und Wanderer äußerst attraktives Betätigungsfeld. Triest und Duino bieten sich als prominente Ausgangspunkte an.

Für das Reisegepäck empfiehlt sich (abgesehen von einem der Thriller Heinichens, in welche der Autor immer wieder seine in fast 30 Jahren Ortsansässigkeit erworbenen Karst-Kenntnisse einfließen lässt) ein vor genau 100 Jahren erschienenes Kultbuch: Scipio Slatapers "Il Mio Carso", "Mein Karst". 1888 in Triest geboren und 1915 in der Vierten Isonzoschlacht bei Görz/Gorizia gefallen, lebte Slataper ab 1910 im Karst. An der zwischen 1883 und 1887 errichteten, 1960 stillgelegten Hrpelje-Bahn, heute eine beliebte Radstrecke.

Verständigung

"Mein Karst" ist eine sprachgewaltige Liebeserklärung an eine Landschaft von oftmals rauem Charme. Der stilistisch vielfach gebrochene Text ist auch "lyrische Autobiografie" (Slataper), in welcher sich kulturelle Vielfalt spiegelt. Diversität, die in der Vergangenheit oftmals große Grausamkeit, wahnwitzige Opfer zu verantworten hatte. "Mare e Vitovska/Vitovska in Morje" ist so betrachtet auch ein schönes Projekt der Verständigung.