Es geht um Freiheit, Grundrechte und Demokratie - um unser aller Wohl. All das ist in Gefahr, sagt Google. Wer in den letzten Wochen die deutsche Version der Suchmaschine aufrief, wurde aufgefordert, sich politisch zu betätigen.

Grundfrage unserer Zeit

"Willst du auch in Zukunft finden, was du suchst?", stand dort geschrieben. Es folgte ein kleiner Film, in dem Google gegen einen unliebsamen Gesetzentwurf Stimmung machte, der derzeit im Deutschen Bundestag debattiert wird. Hinter dem sperrigen Begriff "Leistungsschutzrecht" verbirgt sich eine Grundfrage unserer Zeit: Was darf Google?

Das Gesetz wird von Verlegern und Medienunternehmen seit Jahren gefordert. Es soll verhindern, dass der Internet-Riese sich weiterhin an Inhalten bereichert, die dem Konzern nicht gehören - oder beginnt, dafür zu bezahlen. Wer etwa "Syrien" in das Suchfenster tippt, findet in erster Linie Nachrichten, Fotos und Videos. Medien liefern die Daten, Google verdient damit und liefert den Verlagen zumindest Kundschaft. Das soll sich nun ändern, verlangen diese. Indem Google sie am Gewinn beteiligt, den der Konzern mit ihren Inhalten und der passenden Werbung macht.

"Die Meinungsfreiheit ist in Gefahr", entgegnet Google in dem Video. Ist sie das? Der Konzern verkleidet sein Geschäftsmodell, dass zu großen Teilen daraus besteht, Inhalte anderer im Netz zugänglich zu machen, als Frage des Allgemeinwohls. Die Debatte in Deutschland ist eines von vielen aktuellen Beispielen, bei denen Google in die Kritik gerät - von Regierungen, Konzernen und der Internet-Community selbst.

Vieles spricht dafür, dass der Internet-Gigant seine Macht in der digitalen Welt schonungslos einsetzt. Der Konzern heftet sich gerne Transparenz auf die Fahnen, doch niemand weiß wirklich, wie Googles Such-Algorithmus funktioniert. Man finde stets "die beste Antwort für den Nutzer", heißt es knapp. Was diese "beste Antwort" ist, entscheidet allein Google.

Denn der Konzern ist nicht neutral bei der Vermessung unserer digitalen Welt - er bestimmt, was wir finden, wo wir einkaufen und wie wir uns informieren. Im Kern des Geschäftsmodells geht es darum, Trefferlisten zu vermarkten - die ersten Ergebnisse beliebter Suchbegriffe wie "Urlaub" sind stets (farblich hinterlegte) Anzeigen. Doch Google bevorzugt nicht nur im lukrativen Shopping-Segment die eigenen Angebote - und reiht die der Konkurrenz immer weiter zurück. Ob Gmail, YouTube oder das soziale Netzwerk Google Plus: Kritiker sprechen von einem "digitalen Imperialismus".

Synonym für "das Internet"

Auch die EU und die US-Wettbewerbsbehörde FTC geben sich "besorgt", wenn direkte Konkurrenten im Suchergebnis nur noch auf Seite zehn zu finden sind. Die EU-Kommission gibt Google bis Jänner Zeit, die Sorgen der Wettbewerbshüter zu zerstreuen.

Für viele Menschen ist Google allgegenwärtig geworden, als wäre es ein Synonym für "das Internet". Offen bleibt, wie Kartellwächter und die vernetzte Gesellschaft auf die Marktmacht dieser "Weltmaschine" reagieren sollen.