Unterhaltung - es ist nur einer von insgesamt 13 Faktoren, die Sree Sreenivasans Formel für Erfolg in Social Media ausmachen, aber dafür jener, der beim Vortrag des US-indischen Professors für digitale Medien (Columbia Journalism School/New York) am stärksten präsent war. In seinem eineinhalbstündigen Vortrag im Rahmen der Hedy-Lamarr-Lectures in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Montagabend in Wien skizzierte der Journalist und Blogger, wieso Facebook und Co keine vorübergehenden Erscheinungen sind, warum es das Physische und das Virtuelle zu vernetzen gilt.

"So etwas geht nie gut"

Dem globalen Marktführer tritt er dabei durchaus kritisch gegenüber, wenn er sagt: "Facebook wird zu wenig wertgeschätzt, aber auch zu wenig kritisiert. Man sollte die Veränderungen immer sehr bewusst verfolgen". Dass der Börsengang des von Mark Zuckerberg gegründeten Unternehmens derart schief ging, ist Sreenivasan zufolge auf den Hype sowie die zu großen Erwartungen zurückzuführen. "So etwas ist nie gut. Aber ein Produkt, das eine Milliarde Menschen nutzt, muss etwas wert sein. Der Preis wird wiederkommen".

Er selbst sei jemand, "der in 144 Zeichen denkt": Damit spielte er auf die Plattform Twitter an, die nur Wortspenden in dieser Länge zulässt. Diese beizeiten "trivial tweets" sind aber nur ein Aspekt unter vielen, wenn Sreenivasan kurzweilig darüber philosophiert, warum Social Media "alles verändert hat, was wir über Kommunikation, Medien und Beziehungen wissen". Social Media-Plattformen punkten seiner Ansicht nach besonders durch die Aktionen, die man als Rezipient tätigen kann - den Beitrag teilen oder kommentieren etwa. Somit erlange man eine entsprechend weitere Verbreitung, als es bei herkömmlichen Webseiten möglich ist.

Damit in Verbindung steht auch eine gesellschaftspolitische Komponente dieser Plattformen: "Wäre ich ein Anführer eines diktatorischen Regimes und die Facebook-Accounts in meinem Land wachsen rapide, dann wäre ich sehr besorgt", hielt Sreenivasan fest. Ein Beispiel dafür, dass Aufstände nicht mehr nur im "realen" Leben brutal gestoppt werden, sondern auch das World Wide Web Ziel von Zensurmaßnahmen wird, sei etwa die Revolution in Ägypten Anfang 2011 gewesen. "Die Regierung hat das Internet sprichwörtlich getötet".

In die entgegengesetzte Richtung arbeitete die US-Regierung ebenfalls bei den Aufständen in Ägypten, als US-Staatsbürger per Twitter zur Evakuierung aufgefordert wurden. Aber auch NATO-Offiziere haben bereits vor offiziellen Pressekonferenzen per Facebook teils maßgebliche Informationen geteilt. "Weil sie hier ein anderes, teils interessierteres Publikum vorfinden", hielt der Medienexperte, der Social Media als "E-Mail ohne Schuldgefühl" beschreibt, fest. Viele Menschen hätten keine so gute Verbindung zu traditionellen Medien, seien im World Wide Web aber sehr gut vernetzt.

Letztlich besitze diese Kommunikationsform die Fähigkeit, alles zu verstärken - zum Positiven wie Negativen. "Ist man gut im realen Leben, ist man großartig in der Welt von Social Media", so der simple Grundsatz von Sreenivasan. Um Erfolg auf den Plattformen - aber auch bei jeder anderen Form von Kommunikation - zu haben, gelte es, die Informationen hilfreich, nützlich, informativ, relevant oder glaubwürdig zu gestalten. Und: "Man muss diese Dinge nutzen, um sowohl die Probleme als auch die Möglichkeiten zu kennen".

Nur "ein weiteres Werkzeug"

Für traditionelle Medien sieht er nicht die Notwendigkeit der Überbewertung des Social-Media-Aspekts, vielmehr sei dies "ein weiteres Werkzeug, das man nutzen kann". Allerdings ergeben sich durchaus neue Möglichkeiten: "Man erhält besseren Kontakt zum bisherigen Publikum und kann neue Rezipienten erreichen. Außerdem findet man Zugang zu neuen Ideen, Quellen, Anregungen, wie man auch Aufmerksamkeit für seine bisherigen Inhalte generieren kann". Und schließlich lasse sich die Marke eines Medienunternehmens mittels Social Media weiter aufbauen und positionieren.

Dass bei der Informationsflut das Misstrauen vieler Konsumenten zu wachsen scheint, ist für Sreenivasan keine Überraschung. "Die Leute nutzen einfach mehr Quellen als früher, gehen damit auch kritischer um." Immerhin sei so auch der Anteil an unglaubwürdigen Infos entsprechend hoch. Aber: "Wir haben es bei E-Mails mit knapp 90 Prozent Spam zu tun - und trotzdem haben wir einen Weg gefunden, diesem Kommunikationskanal zu trauen. Wieso sollte das bei Social Media nicht gelingen?"

Denn: "Wer hier Aufmerksamkeit generieren kann - und sei es auch nur ein Scheibchen - der wird im Geschäft bleiben".