Bereits 125 Milliarden "Freundschaftsbeziehungen" werden über das soziale Netzwerk insgesamt gepflegt - und nun versucht es Facebook auch an der Börse: Das ist keine Neuigkeit, sondern wird seit langem erwartet. Und dennoch wird der Schritt aufs Parkett für Furore sorgen, denn es geht um Dutzende Milliarden Dollar. Die gigantischen Summen nähren bei einigen die Sorge vor einer neuen Internetblase. Doch für andere sind sie die Wette auf ein neues Internet - in dem "Freunde" und ihre Empfehlungen Dreh- und Angelpunkt für alles sind.

337 Millionen Aktien

337 Millionen Aktien will Facebook bei seinem Börsendebüt ausgeben, der Preis soll zwischen 28 und 35 Dollar liegen. 11,7 Milliarden Dollar (9 Milliarden Euro) könnte das soziale Netzwerk damit einnehmen, nach Abzug aller Kosten bleiben dem Konzern damit wohl immer noch mehr als 5 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich ein Gesamt-Börsenwert von fast bis zu knapp 90 Milliarden Dollar. Die Zahlen erinnern manchen an das Platzen der Internetblase kurz nach der Jahrtausendwende: Hunderte Milliarden Euro wurden vernichtet - und die Wirtschaft geriet weltweit in eine Flaute.

Nun wird in der Hightech-Industrie wieder mit Milliardensummen jongliert. Erst im Dezember ging der Spieleanbieter Zynga an die Börse und nahm damit rund eine Milliarde Euro ein. Er entwickelte unter anderem das bei Facebook höchst erfolgreiche Bauernhof-Spiel Farmville. Zuvor hatte der Internet-Gutscheindienst Groupon Aktien ausgegeben und 700 Millionen Dollar von Anlegern kassiert. Das Karriere-Netzwerk LinkedIn nahm bei seinem Börsengang einige Monate zuvor vergleichsweise wenig ein: 353 Millionen Dollar. Dafür sind seine Aktien mittlerweile mehr als doppelt so viel wert.

Bei Facebook waren Investoren bisher bereit, so gut wie jeden verlangten Preis zu zahlen. Immer wieder kauften sie kleine Teile an dem Unternehmen, und jedes Mal wurde der Gesamtwert des sozialen Netzwerks damit noch höher als zuvor eingeschätzt. Diese Investoren versprechen sich von einem Börsengang nun eine saftige Rendite. Binnen weniger Jahre ist aus einem von vielen Onlinenetzwerken ein Imperium mit mehr als 900 Millionen Mitgliedern geworden. Diese Marktmacht ist es, die zum Börsengang für eine rege Nachfrage nach den Facebook-Aktien sorgt. Die Investoren setzen darauf, dass sich Facebook immer mehr zu einem Portal zum Internet entwickelt: Die Nutzer surfen bei Facebook los und gelangen von dort zu anderen Internetangeboten.

Die Internetnutzung beruht in der schönen blauen Facebook-Welt nicht mehr auf Suchmaschinen, die bisher unbekannte Seiten zutage fördern. Es sind die Internetfreunde, die mit dem "Gefällt mir"-Knopf ihre Kontakte mit einem steten Strom neuer Informationen und Links versorgen. Das funktioniert heute schon mit Internetmedien - viele Besucher landen über Facebook auf den Nachrichtenportalen. Künftig soll das auch mit Filmen, Musik und vielem mehr so funktionieren.

"Mission, kein Geschäft"

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg sagt, für ihn sei das ganze kein Geschäft, sondern eine Mission: "Facebook existiert, um die Welt offener und vernetzter zu machen, und nicht nur, um ein Unternehmen zu sein", schrieb er bei der Verkündung des Börsengangs. In der Vorstellung des jungen Milliardärs, der am Montag gerade erst 28 Jahre alt wird, ist eine offenere Welt auch eine bessere Welt - "denn Menschen mit mehr Informationen können bessere Entscheidungen treffen und haben einen größeren Einfluss".

Das machen die Facebook-Mitglieder bisher größtenteils mit: Sie lassen sich auf die Offenheit ein, die das soziale Netzwerk ihnen mit laschen Privatsphäre-Einstellungen vorgibt. Gefährlich werden könnte für Facebook nur eines: Dass die Nutzer ihre Meinung irgendwann ändern und in einen Datenstreik treten. Das Risiko geht Zuckerberg ein: "Große Dinge zu schaffen, heißt Risiken einzugehen", sagt er. "Wir fordern jeden auf, gewagte Entscheidungen zu treffen, selbst wenn das manchmal bedeutet, sich zu irren." Die Investoren dürften beim Börsengang diesem Motto folgen.