Auch wenn man noch keinen einzigen Tropfen getrunken hat - schwindlig wird einem auf jeden Fall, wenn es ums Thema bio im Weinbau geht. Da ist biologisch, biodynamisch oder gar kein Zusatz auf den Etiketten zu lesen, obwohl der Wein von einem Biobetrieb stammt. Manche Winzer setzen auf Kupfer und Schwefel, andere auf Kuhhornmist und Mondphasen. Die Gesinnung ist mehr oder weniger ideologisch, das Ergebnis facettenreich - von naturnah produziertem über Bio-, Natur- und Echtwein bis zu biodynamischem Wein.

"Positiver Aufbruchprozess

Es gärt in der Szene, bringt es Willi Klinger, Leiter des Österreichischen Weinmarketings, auf den Punkt und sieht diese "Gärungsphase" als Teil eines positiven Aufbruchprozesses. Eines sei gewiss: "Wenn sich der Boden wieder setzt, haben wir eine viel natürlichere Weinszene."

Begonnen hat der Prozess allerdings nicht, weil bio jetzt im Trend liegt. Bereits seit Jahren nehmen auch konventionelle Winzer eine Menge zusätzliche Handarbeit, Geld und Zeit in Kauf, um ihre Weingärten auf nachhaltigen Kurs zu bringen. In den Topbetrieben in der Südsteiermark wie im Weingut Tement oder Sabathi etwa wird schon fast zur Gänze biologisch produziert.

Willi Sattler hat den Schritt zur Zertifizierung heuer getan, sein Weingut steckt in der dreijährigen Umstellungsphase. "Es bedeutet einen Riesenaufwand, Biowein zu produzieren", sagt er. Ob er danach bio auf das Etikett schreiben wird, weiß er noch nicht. "Das primäre Ziel ist, einen guten Wein zu machen und unbeherrschbare Substanzen wie Pflanzenschutzmittel aufzugeben - unsere Mitarbeiter sind täglich im Weingarten." Erwin Sabathi ergänzt: "Bio ist nicht das vorrangige Thema, sondern dass ich einen qualitativ hochwertigen Wein mache, der gut schmeckt, mithilfe eines zu 100 Prozent gesunden Ausgangsprodukts." In dem Fall bedeutet bio eine Qualitätssteigerung. "Der Wein wird mit Sicherheit noch besser schmecken", ist Sommelier Christian Zach überzeugt. "Da kommen noch fantastische Dinge auf uns zu, wenn die jungen Starwinzer so weitermachen", sagt Steirereck-Patron Heinz Reitbauer.

Lebendigkeit des Weins

Ob man nun mehr oder weniger bio ist, als Winzer brauche man jedenfalls eine Haltung dazu, betont Klinger. So wird fortlaufend experimentiert. Winzer Willi Bründlmayer aus Langenlois etwa hat für seinen Betrieb eine organisch-biologische Bewirtschaftung erprobt, verwendet keine wasserlöslichen Düngemittel und setzt auf Regenwürmer als Verbündete und eine spezielle Kompostmischung.

Nach verschärften Richtlinien arbeitet etwa Sepp Muster in Leutschach. Er ist demeterzertifiziert, produziert biodynamisch - die Lebendigkeit des Weins steht dabei im Vordergrund. Der Geschmack biodynamischer Weine führt anfangs oft zu Irritationen. Wer sich darauf einlässt, trifft auf eine immer größere Auswahl. Auch Gernot Heinrich bewirtschaftet sein Weingut in Gols nach biodynamischen Richtlinien, die auf der Lehre, der Anthroposophie, Rudolf Steiners basieren: "Das bedeutet für mich, mit mehr Bewusstsein und Geist an die Sache heranzugehen." Andreas Tscheppe aus Glanz wiederum sieht die Biodynamik "nur als einen Teil von vielen im Kreislauf der Natur".

In der Vielfalt jedoch sehen die Winzer auch eine Chance: "Jeder geht seinen individuellen Weg, man wächst gemeinsam. Das Schubladendenken fällt weg", sagt Heinrich. Tscheppe: "Jede Idee in die richtige Richtung kann nur eine gute Idee sein - wir kommen nicht darum herum."