Winzer aus allen heimischen Weinanbaugebieten, alle drei "Masters of Wine" Österreichs: Auf dem Pogusch war die wohl höchstkarätige Expertenrunde des Landes zum Fachsimpeln versammelt. Hier ein Extrakt ihrer Urteile über den steirischen Jahrgang 2013.

Das kann der Steirerwein 2013. Auf das regnerische Frühjahr folgte ein warmer, heißer Sommer, "dann hat der Herbst noch einmal für Aromenentwicklung und feingliedrige, nervig strukturierte und sehr trinkanimierende Weine gesorgt", fasst es der Gamlitzer Weinbauer Willi Sattler zusammen. Kollege Christoph Neumeister aus Straden resümiert: "Ein komplizierter Jahrgang mit erfreulichen Ergebnissen". Auch Erich Polz ist hochzufrieden: "Ein idealtypischer Jahrgang. Die Steiermark als traditionell kühle Weinanbauregion zählt da derzeit zu den Gewinnern der Erwärmung", sagt er. "Wer gern steirischen Wein trinkt, wird den relativ warmen Jahrgang nicht herausschmecken", resümiert auch der Leiter der Weinakademie Österreich, Master of Wine Josef Schuller. "Klassisch-steirisch, fruchtbetont und frisch", sei der steirische Wein 2013, fasst er zusammen, "Üppigkeit ist kein Thema mehr".

Königswein bleibt der Sauvignon. In der Südsteiermark gehört ihm bereits der größte Teil der Anbauflächen (gesamtsteirisch ist nach wie vor der Welschriesling die meistangebaute Rebe), auch in der Hierarchie der Sorten steht der Sauvignon unangefochten an der Spitze. "Einzigartige Mineralität, schöne Typizität, Raffinesse und einen Fruchtsäurespiegel, der nicht jedes Jahr kennzeichnet", hat der Sausaler Weinmacher Gerhard Wohlmuth in diesen Weinen entdeckt. Lagerfähigkeit attestiert den Sauvignons 2013 nicht nur er: Für Vincent Bründlmayer, Winzerspross aus der Wachau, zeigt sich hier, "wie erfahrene Winzer schwierige Jahrgänge im Griff haben und trinkanimierende Schätze herstellen. Diese Sauvignons sind langlebige, frische Weine, die man jahrelang in den Keller legen kann. Das zeigt: Lagern wird auch in der Steiermark zum Thema." Auch Sattler attestiert dem Sauvignon "gutes Reifepotenzial, auch ohne hohe Alkoholwerte."

Überraschung: der Weißburgunder. "Außerordentliche Burgunder" hat dieses Jahr gebracht, sagt Master of Wine Andreas Wickhoff, "da ist tolle Frische drin und ein Aromenspektrum, das der Weißburgunder üblicherweise nicht hat." Weißburgunder wie auch Morillon, "sonst nicht so charaktervoll wie etwa der Sauvignon, sind sehr komplex und vielschichtig", so Wickhoff: "Üblicherweise hat der Weißburgunder wenig Säure, aber dieser Jahrgang hat eine unheimlich konzentrierte Frucht, gepaart mit moderaten PH-Werten. Das verleiht dem Wein eine besonders gut ausbalancierte Frische und Lebendigkeit." Auch für den Burgenländer Rotweinspezialisten Gernot Heinrich waren "die Burgunder diesmal hochinteressant. Weißburgunder und Morillons zeigen viel Mineralität und Bodencharakter, kaum Eiszuckerlton. Die Weine werden deutlich tiefgründiger." Für Kleine Zeitung-Verkostungsleiter Arno Bergler transportiert der Weißburgunder in Jahr besonders viel Terroir, und bei den Morillons sei ein enormer Entwicklungsschub in Richtung Finesse und Eleganz zu beobachten. "Dichte ohne Üppigkeit", attestiert auch Winzerin Katharina Tinnacher. Außerdem: "Es gibt keinen Wein, der so universell als Speisenbegleiter funktioniert wie der Weißburgunder, der lange stiefmütterlich behandelt worden ist." Das könnte sich rasch ändern.

Traminer: der ewige Geheimtipp. "Eine schlafende Sorte, aber mit sehr viel Reiz", sieht der burgenländische Weißweinspezialist Heinz Velich im Traminer. Als echter Fan hofft er "auf eine große Renaissance dieser aromatischen Sorte. Auch, weil die zeitgenössische Küche es herausfordert. Die puristische Cuisine von heute mit ihrem Fokus auf regionale Produkte erfordert duftige, aromatische Weine wie Traminer und Muskateller." Auch der Wiener Winzer Fritz Wieninger kommt nachgerade ins Schwärmen: "Das waren diesmal echte Highlights, Weine mit viele Format." Als "Nischenprodukt für Liebhaber und gehobenste Gastronomie" ist der Wein, der von den säureliebenden Österreichern oft als "zu üppig, zu alkoholisch, zu süßlich und zu aromatisch" empfunden wird, bereits gefragt. Auch als Begleiter der asiatischen Küche, rät Wieninger, ist der Traminer eine Entdeckungsreise wert, "weil er als Essenbegleiter viel Süße und viel Würze verträgt."

Welsch & Schilcher als Evergreens. Als Sommer- und Jausentrunk ist der Welschriesling als "Urwein der Steirer" ein regionaler Liebling geblieben, "auch wenn Lagenweine und Reserven inzwischen mehr öffentliche Aufmerksamkeit genießen", sagt Erich Polz. Leichtigkeit und knackige Säure kennzeichnen den Wein heuer, auch wenn er, findet Master of Wine Josef Schuller, "marktkonformer wird". Er plädiert für Mut zur Individualität, "das muss nicht immer alles so geschliffen sein." Detto "bei Muskateller oder Schilcher. Die gewinnen, wenn man mehr steirische Urtümlichkeit durchscheinen lässt und die Weine markanter, ,narrischer' macht." Auch Andreas Wickhoff plädiert "für Individualität und Unverwechselbarkeit, für ein steirisches Profil. Nicht nur beim Welsch, auch bei Sauvignon, Morillon/Chardonnay, Weißburgunder und Muskateller. Wir stehen da international im Vergleich und sollten nicht austauschbar sein."

Dem Schilcher kann das ohnehin nicht passieren. Für Fritz Wieninger ist er "ein Paradefall für überzeugendes Lokalkolorit. International ist ein derart hohe Säure nicht sehr beliebt. Aber wir in Österreich mögen ja die Säurewerte höher."

Rotwein: Die Steirer sind anders. Ob steirische Rotweine mit den Burgenländern und Niederösterreichern mithalten können, ist bei jeder Weinkost ein Thema. Schuller hat seine Vorbhealte, hat aber diesmal auch Rotwein entdeckt, "der unheimlich lebendig ist, mit frischer, primärer Fruchtaromatik und lebendiger Säure. Das kann ein steirischer Roter haben, um anders zu sein als alle anderen." Auch Gernot Heinrich plädiert für "authentisch steirische Rotweine mit ausgeprägter Säure und Struktur. Wenn man das nicht mit Holz überdeckt, hat das Identität und Wiedererkennungswert."

Billiger wird der Wein nicht werden. Steile Hänge, kleine Anbauflächen: "Über den Preis wird sich der Steirerwein da international nicht abheben können", sagt Weinexperte Arno Bergler. "Er punktet aber durch Aromatik, lebendige Säure, Langlebigkeit".