Stimmt schon, Food Pairing könnte man auch höchst wissenschaftlich betreiben. Ganze Aromabäume - feinst verästelte Organigramme - gibt es inzwischen, mit denen man sich durch die verschiedenen Aromenstrukturen hanteln kann. Immer Zutaten mit ähnlichen Schlüsselaromen im Fokus. So finden sich dann auch ähnlich ausgereizte Paarungen auf dem Teller wie Fleisch und Schokolade oder Blauschimmelkäse und Birne.

Einer, der sich nicht von der Wissenschaft leiten lässt, sondern rein auf sein Bauchgefühl vertraut, ist Spitzenkoch Michael Wankerl. Der Wahl-Grazer traut sich in seinem Restaurant "Gerüchteküche" über äußerst ungewöhnliche kulinarische Kombinationen. Mit viel Fingerspitzengefühl werden die einzelnen Zutaten aber zu wohlschmeckenden Partnern auf dem Teller. Er spürt Säure, Süße, Bitternoten nach, legt Zutaten wie Knoblauch, Süßwurzel oder Zwetschken ein und beobachtet über Wochen die Veränderung der Aromen und der Konsistenz. Was sich dann auf dem Teller wiederfindet, ist ein spannendes Zusammenspiel aus regionalen Komponenten, die man in der Form noch nirgends probiert hat. Momentan experimentiert er mit Sanddorn und Hagebutten. Man darf gespannt sein.

So exotisch Foodpairing auch klingen mag, bei Michael Wankerl hat alles Bodenhaftung. In der "Gerüchteküche" werkt er in einer Puppenküche ohne den modernen Hilfen, mit dem Gastrobetriebe üblicherweise ausgestattet sind - kein Paco Jet, kein Sour-vide-Gerät. Es fehlt schlichtweg an Platz. Statt dessen setzt Wankerl auf Töpfe und Pfannen - "wie bei der Großmutter zuhause". Und auf Rexgläser, die er teilweise zuhause stapelt, um den Fermentierungsprozess der Zutaten beobachten zu können.

Was auf den Tisch kommt, besorgt er sich in der nächsten Umgebung - so werden alte Gemüsesorten und teils ungewöhnliche Kräuter in der Gärtnerei der Schulschwestern in Graz geerntet. Sogar die Trüffeln haben keine weite Anreise hinter sich - sie stammen aus der Südsteiermark. Auf dem Teller hält sich der Spitzenkoch bewusst einfach - mehr als vier Komponenten finden sich nicht darauf, doch die harmonieren einmalig miteinander.

Kostproble zum Nachkochen:
Topinambur/Couscous/Petersilie/Süßwurzel

Vier Komponenten - eine Aromenüberraschung
Vier Komponenten - eine Aromenüberraschung © (c) Oliver Wolf Foto GmbH

Zubereitung:

1. Die Tobinambur in leicht gesalzenem Wasser kochen. herausnehmen und etwas abkühlen lassen. Dann schälen und in kleine Würfel schneiden. Mit den gehackten Kürbiskernen etwas fein gehackter Petersilie und Mayonnaise zu einem homogenen Tatar vermengen.

2. Couscous mit kochender Gemüsebrühe übergiessen und quellen lassen. Immer wieder mit einer Gabel auflockern, damit er nicht klumpig wird. Mit Salz, Pfeffer und Curry abschmecken.

3. Aus den Petersilienblätter, ein paar Kürbiskernen und  Rapsöl eine Art Pesto herstellen.

4. Die Süßwurzel entweder langsam kochen oder wie in Michael Wankerls Fall in einer Wasser-Salz Lösung über ein bis zwei Wochen fermentieren. Das Gefäß dabei nur mit einem Tuch bedecken und nicht verschließen. Mit zunehmender Fermentation riecht das Wasser immer  säuerlicher, die Wurzeln sollten vor Gebrauch gut abgewaschen werden, wenn der Geruch als störend empfunden wird.

Fertig stellen: Das Tobinambur-Tatar in der Tellermitte anrichten, den Couscous gefällig verteilen und die Süßwurzel auf den Couscous legen. Mit dem Petersilienpesto vollenden. Je nach Geschmack mit Kräutern der Saison garnieren.