Verzweifeltes Kopfschütteln und schiefes Hüpfen auf einem Bein: Sieht man diese Darbietung in Schwimmbad oder am Badesee, weiß man: Oje, Wasser im Ohr. Die Begleiterscheinung vieler Badeausflüge ist sehr unangenehm - aber kann das gestaute Wasser auch gesundheitlich gefährlich werden? Und wie kommt es überhaupt dazu, dass sich solche "Stauseen" im Ohr bilden? Das haben wir Ulrike Nemetz, Otologin an der HNO-Uniklinik Graz und damit Expertin für das Ohr, gefragt.

Tückische Anatomie

"Dass sich Wasser im Ohr sammelt, liegt an der Anatomie des Gehörgangs", sagt Nemetz. Der sei manchmal nämlich nicht nur eng, sondern auch s-förmig geschwungen und macht somit einen Knick. Zusätzlich kann das Ohrenschmalz, das eigentlich zum Schutz des Ohres da ist, durch das Wasser aufweichen und so das Abfließen verhindern. "Dadurch fühlt sich das Ohr verschlagen an und man hört schlechter", sagt Nemetz.

Ulrike Nemetz, Otologin HNO-Uniklinik Graz
Ulrike Nemetz, Otologin HNO-Uniklinik Graz © kk

Tatsächlich kann das Badewasser im Ohr auch krank machen: "Vor allem im Chlorwasser können Keime ins Ohr kommen und sich dort in die Haut des Gehörgangs einnisten und zu einer Entzündung führen", sagt Nemetz.

Paradies für Bakterien

Das Ergebnis ist die sogenannte Bade-Otitis: Die Bakterien finden im feuchten und warmen Gehörgang nämlich die besten Bedingungen für die hemmungslose Vermehrung vor. Die Folgen sind unangenehm und sehr schmerzhaft: Das Ohr ist innen rot, geschwollen, es juckt und es kann sogar Flüssigkeit herausrinnen. Auch beim Kauen oder wenn man leicht am Ohr zieht, schmerzt es.

"Bei diesen Symptomen sollte man unbedingt zum HNO-Arzt gehen", sagt Nemetz. Dort wird das Ohr gereinigt und die Entzündung mit Tropfen oder Salben behandelt. "Die Otitis ist zwar schmerzhaft, klingt aber nach ein paar Tagen meist wieder ab", sagt Nemetz.

Finger weg von Wattestäbchen

Wie man sich vor der schmerzhaften Entzündung schützt? Verzichten Sie auf Wattestäbchen! "Das Ohr reinigt sich selbst, das Ohrenschmalz wird nach außen abtransportiert", sagt Nemetz. Mit einem Wattestäbchen hingegen "stopft" man das Ohrenschmalz nur wieder zurück hinein. Auch andere Gegenstände zum "Stierln" haben im Ohr nichts verloren. "Neigt man zu viel Ohrenschmalz, sollte man die Ohren regelmäßig beim HNO-Arzt reinigen lassen", rät Nemetz.

Ziehen und schütteln

Die wichtigste Frage ist aber noch unbeantwortet: Wie bekommt man das Wasser aus dem Ohr wieder raus? "Man sollte sich zur Seite beugen, das Ohr nach oben ziehen und den Kopf schütteln", ist der Rat der Expertin. Die Schwimmbad-Darbietungen haben also ihre Berechtigung.