Sie liegen in den Armen ihrer Mütter oder werden weinend in die Kamera gehalten: Die Bilder von brasilianischen Babys, deren Köpfe viel zu klein sind, gehen um die Welt. Mikrozephalie nennt sich diese erschreckende Folge des in Süd- und Mittelamerika grassierenden Zika-Virus: Der Begriff stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet, was er beschreibt: kleiner Kopf.

Der Zusammenhang mit der tropischen Virusinfektion fiel erst jetzt auf, die Fehlbildung kann auch viele andere Ursachen haben, wie Berndt Urlesberger, Leiter der Neonatologie an der LKH-Uniklinik Graz, erklärt.

Mikrozephalie
Mikrozephalie © Grafik Kleine Zeitung

Definition. „Von Mikrozephalie spricht man, wenn der Kopfumfang eines Kindes zwei Standardabweichungen unter der Norm liegt“, sagt Urlesberger. Nicht bei allen Kindern ist die Fehlbildung so offensichtlich wie bei den Kindern auf den Fotos, die man nun sieht – die Ursache ist aber bei allen dieselbe: „Das Gehirn des ungeborenen Kindes wächst nicht richtig und dadurch wächst auch der Kopf nicht mit“, sagt Urlesberger.

Die Gründe für diese Missentwicklung des Gehirns sind vielfältig: Sie reichen von genetischen Ursachen über den Einfluss giftiger Substanzen oder Infektionen bis zur Unterversorgung des Kindes in der Schwangerschaft.

Ursachen. Zu den genetischen Ursachen zählt sowohl die Anlage zu kleinen Köpfen innerhalb der Familie wie auch genetische Syndrome wie die Trisomie 21, auch Downsyndrom genannt. Giftige Substanzen, die dem Gehirn des Babys schaden können, sind Alkohol oder auch Drogen wie Kokain. „Bei massivem Alkoholkonsum in der Schwangerschaft entsteht das sogenannte embryonale Alkoholsyndrom“, sagt Urlesberger. Dieses Syndrom tritt bei den Kindern von Alkoholikerinnen auf, der zu kleine Kopf ist ein Teil der Erkrankung.

„Wie das Zika-Virus und Mikrozephalie zusammenhängen, weiß man noch nicht“, sagt Urlesberger. Von anderen Infektionen ist aber schon lange bekannt, dass sie der Gehirnentwicklung schaden: Dazu zählen Röteln und Toxoplasmose, auf die Schwangere im Rahmen des Mutter-Kind-Passes untersucht werden. Toxoplasmose wird von Katzen auf den Menschen übertragen und ist eigentlich harmlos – nur nicht für Ungeborene.

Prognose. Wie sich die Kinder entwickeln und wie es ihnen im späteren Leben gehen wird, hängt stark davon ab, was die Grunderkrankung ist – und welche Teile des Gehirns betroffen sind. Laut Urlesberger können sich manche Kinder auch normal entwickeln – meist ist aber mit geistigen und motorischen Einschränkungen zu rechnen. „Die Kinder brauchen regelmäßige Kontrollen und spezielle Förderung“, sagt der Neonatologe. Ob Bewegungsstörung oder geistige Entwicklungsverzögerung: Je nach Problem werde therapiert.

Früherkennung. Eine Mikrozephalie kann bereits im Mutterleib festgestellt werden: Bei den routinemäßigen Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft werde auch der Kopfumfang des Kindes gemessen. Denn auch dafür gibt es Normwerte.