Wenn man keine Lust hat auf das eigentlich strikt vorgenommene Laufpensum, dann ist das Wetter meist ein verlässlicher Lieferant für Ausreden: zu heiß im Sommer, zu nass im verregneten Herbst, zu kalt im angekommenen Winter. Doch wie es mit vielen Ausreden ist, halten sie der Expertise nicht stand, und so ist es auch mit der Kälte-Hypothese.

Die Kälte allein soll nämlich keine Ausrede sein, sagt der Sportkardiologe Manfred Wonisch. „Es ist nur eine Frage der Kleidung und des Aufwärmens.“ Wer sich in funktionelle Sportkleidung hüllt, schützt sich vor dem raschen Abkühlen, da der Schweiß schnell von der Haut abgeleitet wird. Auch das Zwiebelprinzip rentiert sich beim Laufen: Wenn man warm gelaufen ist, kann man sich schichtweise wieder ausziehen. Eine Haube ist deshalb empfehlenswert, weil der Körper 20 bis 30 Prozent der Wärme über den Kopf verliert.

Lockern und halbe Anstrengung

„Man sollte sich im Winter auf jeden Fall länger aufwärmen“, sagt Wonisch. Das bedeutet: Noch im Warmen einige Lockerungsübungen machen und in den ersten zehn bis 15 Minuten nur mit halber Anstrengung laufen. Auch das richtige Timing spielt beim Sport im Winter eine Rolle: Man sollte laufen gehen, solange es hell ist, denn da ist es auch wärmer als abends in der Finsternis.

„Ein gesunder Mensch wird ein kurzzeitiges Training in der Kälte gut vertragen“, sagt Wonisch. Man wisse aber, dass bei Wintersportarten wie Langlaufen vermehrt Asthma auftritt, das durch die Kälte ausgelöst wird. Absolutes Sportverbot gilt, wenn man eine schwere Erkältung oder Fieber hat.

Kaltes Herz

Zur Gefahr wird die Kälte für Menschen, die bereits an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. „Die Kälte ist ein Stressor“, erklärt der Internist Gerhard Stark. Durch die Kälte können sich auch die Gefäße verkrampfen, die Konsequenz ist ein Zustand der sich nach Angina Pectoris – ein anfallsartiger Schmerz in der Brust – anfühlt. „Dieses Gefühl ist meist ein Hinweis darauf, dass eine Durchblutungsstörung in den Herzgefäßen vorliegt“, sagt Stark.

Risikopatienten sollten daher die Kälte meiden, indem man das Haus nicht vor 11 Uhr am Vormittag verlässt und sich auch danach sehr warm anzieht. Unbedingt sollte man Zusatzbelastungen, wie Schneeschaufeln, meiden, wenn das Herz schon schwächelt: „Der Kältestress gemeinsam mit der Belastung kann bis zum Herzinfarkt führen“, sagt Stark.

Keine Angst

Hat man aber ein gesundes Herz, muss man sich nicht vor der Kälte fürchten – nur bei extremer Kälte und Temperaturen ab 20 Grad unter null raten die Experten vom Laufen ab. Sonst gilt die Ausrede, „es ist kalt“, aber nicht.