Sie will einen Präzedenzfall schaffen: Felicitas Rohrer hat den Pharmakonzern Bayer verklagt. Sie habe durch die Einnahme der Antibabypille Yasminelle eine Lungenembolie erlitten, die sie fast getötet habe. Das ist der Vorwurf, der bei einem deutschen Gericht verhandelt wird.

Die 31-jährige Rohrer fordert 200.000 Euro Schmerzensgeld vom Pharmakonzern – dieser hat in den USA bereits mehr als eine Milliarde Schadensersatz an Klägerinnen ausbezahlt, außergerichtlich. Eine solche Einigung lehnt Rohrer aber ab: Sie wolle erreichen, dass die Pille vom Markt genommen wird. Bayer weißt die Ansprüche als unbegründet zurück, man gehe von einem positiven Risiko-Nutzen-Profil aus.

Vierte Generation

Dieser Rechtsstreit wirft natürlich die Frage auf: Wie gefährlich sind neue Antibabypillen? Die „angeklagte“ Pille gehört zur sogenannten vierten Pillen-Generation: Je nach Generation enthalten die Pillen unterschiedliche Hormone, die den Körper in den Glauben versetzen, dass er schwanger sei.

Eine Untersuchung der Universität Bremen – der sogenannte „Pillenreport“ – zeigte bereits, dass das Thromboserisiko bei Pillen der dritten und vierten Generation höher sei als bei älteren Präparaten. Sie bringen aber auch andere Vorteile mit sich: Sie wurden dahin weiterentwickelt, dass sie auch gegen Akne, unerwünschte Körperbehaarung oder Regelschmerzen helfen.

Vorgetäuschte Schwangerschaft

„Dass die Antibabypille das Thromboserisiko erhöht, ist nichts Neues“, sagt Florian Prüller, Labormediziner und Gerinnungsexperte an der LKH-Uniklinik Graz. Das liege daran, dass der Körper glaube, schwanger zu sein: Dadurch werde der Gerinnungshaushalt aus dem Gleichgewicht gebracht. Das Risiko, dass sich eine Thrombose – ein Blutgerinnsel – bilden und in der Folge in die Lunge weitergeschleppt werden kann, wo es zu einer Sauerstoffunterversorgung kommt, ist erhöht.

„Prinzipiell ist das Risiko, eine Thrombose zu entwickeln, niedrig“, sagt Gynäkologe Wolfgang Schöll (MedUni Graz). In der Gesamtbevölkerung liege es laut Schöll bei zehn Fällen pro 100.000 Menschen. Mit einer älteren Pille erhöhe sich dieses Risiko auf 20 Fälle pro 100.000 Frauen, ab der dritten Generation liege es bei 30 Fällen pro 100.000. „Das absolute Risiko ist gering“, sagt Schöll. Im Vergleich: In der Schwangerschaft erhöht sich das Thromboserisiko auf das Sechs- bis Siebenfache, 60 bis 70 Frauen von 100.000 wären betroffen.

„Das Wichtigste, um die richtige Pille zu finden, ist das ausführliche Gespräch mit dem Gynäkologen“, sagt Schöll. Dazu müsse man erheben, ob es bereits Thrombosen gab, ob die Frau raucht oder übergewichtig ist, denn das sind weitere Risikofaktoren. Außerdem könne man seine Gerinnungsfaktoren bestimmen lassen: Mit einem Bluttest beim Frauenarzt könne man feststellen, ob das Risiko für Blutgerinnsel genetisch erhöht ist (Test auf APC-Resistenz), sagt Prüller.

Andere Methoden

„Besteht ein Thromboserisiko, würde ich andere Verhütungsmethoden vorschlagen“, sagt Schöll. Auch Präparate, die nur das Hormon Gestagen enthalten, sind laut Prüller eine Alternative – das Thromboserisiko sei bei diesen etwas geringer.