"Die Immuntherapie wird die Landschaft der Krebstherapie völlig verändern". Das sagt Christoph Zielinski, der lokale Organisator des europäischen Krebskongresses in Wien, der von 25. bis 29. September stattfindet. Bei dem Kongress geht es aber auch um gesundheitspolitisch brisante Studien, die zeigen, dass es in Europa noch immer große Unterschiede in der Qualität der Versorgung von Krebspatienten gibt.

Ohne Zweifel hat in den vergangenen Jahren die zielgerichtete Krebstherapie ("targeted therapy") auf der Basis von genetischen Analysen von Tumoren die Behandlungsmöglichkeiten deutlich verbessert. Aber der Effekt aller dieser Medikamente ist beschränkt: Tumorzellen sind in der Lage neue Überlebensstrategien zu finden, es bilden sich Resistenzen und die Therapien wirken dadurch nicht mehr.

Neue Hoffnung

Doch seit 2012/2013 verfolgen die Krebsmediziner eine neue Hoffnung: die sogenannte Immuntherapie. Dabei gelingt es erstmals, das körpereigene Immunsystem dazu zu bringen, die bösartigen Krebszellen zu erkennen und sie zu bekämpfen.

Eigentlich können Tumorzellen den Angriff des Immunsystems abwehren, in dem sie sich quasi eine Tarnkappe überziehen, erklärt Maria Sibilia vom Institut für Krebsforschung der MedUni Wien. "Durch verschiedene Mechanismen schafft es die Tumorzelle, dass das Immunsystem glaubt, es handle sich bei ihr um eine gesunde Zelle", sagt Sibilia. Nach 20 Jahren Forschung ist es nun gelungen, den Tumorzellen diese Tarnkappe abzunehmen.

Melanom, Nieren- und Lungenkrebs

Checkpoint-Inhibitoren heißen jene Medikamente, die das Immunsystem dazu bringen, die Tumorzellen wieder als fremd zu erkennen. Sie werden bei Patienten mit Melanomen bereits eingesetzt und derzeit in klinischen Studien zur Behandlung von fortgeschrittenem Nieren- und Lungenkrebs getestet. "Vor allem versucht man die Immuntherapie bei jenen Tumoren einzusetzen, die bis heute nur sehr schwer zu behandeln sind", sagt Sibilia. Dazu zählen Hirntumore, aber auch Leber- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs - hier gab es in den letzten Jahren keine Fortschritte.

Wurden schon mit den Medikamenten der "zielgerichteten Therapie" bessere Behandlungsergebnisse als mit der Chemotherapie erzielt, gab es mit den Immuntherapeutika zum Teil sogar noch deutlich bessere Ergebnisse.

Die Euphorie unter Krebsmedizinern ist dementsprechend groß, aber es gibt auch Einschränkungen. "Was durch die neuen Medikamente passiert ist, dass quasi eine Auto-Immunerkrankung ausgelöst wird", sagt Sibilia. Das bedeutet: Das Immunsystem wird hochgefahren, dadurch kann es auch dazu kommen, dass die Immunzellen gesundes Gewebe angreifen. "Es können schwere Nebenwirkungen auftreten, die man behandeln und bekämpfen muss", sagt Sibilia.

Außerdem wirken auch die neuen Therapien nicht bei allen Patienten: "20 bis 30 Prozent der Betroffenen reagieren gar nicht auf die Therapie - und man weiß nicht warum", sagt Sibilia. Hier gelte es, weiter zu erforschen, für welche Tumorarten die Immuntherapie besonders geeignet ist - und für welche nicht.