Der Tiroler Landesverband für Psychotherapie (TLP) schlägt Alarm: Mehr als ein Drittel der Frauen, die sich in Tirol in psychotherapeutische Behandlung begeben, sind Opfer von Gewalt geworden. Dies erklärten die Verantwortlichen am Montag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck.

Die Formen der Gewalt würden sich in körperliche, psychische und sexualisierte Gewalt unterteilen, sagte die Psychotherapeutin Monika Frenes. "Am meisten krank macht über die Zeit gesetzte Verletzung", wies Frenes auf die Problematik von langjähriger psychischer Gewalt hin. Die betroffenen Frauen würden selten von sich aus über die Gewalterfahrungen, die mitunter auch bis in die Kindheit zurückreichen, sprechen - aus Schuldgefühlen und Scham. "Die Frauen fühlen sich auch oft sehr schuldig", berichtete die Psychotherapeutin. Dies sei ein Teil der "Gewaltdynamik".

Depressionen, Angst, Essstörungen

Gewalterfahrungen seien zudem mit traumatischem Stress verbunden. Auch die Häufigkeit psychischer Erkrankungen sei bei Frauen mit Gewalterfahrungen ungleich höher, meinte die Expertin. Bei diesen Erkrankungen handle es sich etwa um Depressionen, Angststörungen, Essstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen oder Schmerzstörungen. Auch körperliche Erkrankungen der weiblichen Organe oder auch Störungen der Sexualität können Ausdruck von Gewalterfahrungen sein. Hier brauche es auch bei der medizinischen Abklärung eine "gewisse Sensibilität", forderte Frenes. Jüngere Ärzte seien hier bereits "viel offener".

917 Frauen suchten Hilfe

Der Landesverband für Psychotherapie machte auch durch weitere Zahlen die Problematik der Gewalt an Frauen deutlich. So hätten sich etwa im Jahr 2014 insgesamt 917 Frauen an den gemeinnützigen Verein "Gewaltschutzzentrum Tirol" gewandt. Dies sei aber nur die "Spitze des Eisbergs", betonte die Landesverbands-Vorsitzende Verena Berger-Kolb. Denn dabei würde es sich um jene Frauen handeln, die sich trauen, über die an ihnen verübte Gewalt zu sprechen. Auch mit Zahlen aus der im Jahr 2011 veröffentlichten, österreichweiten Gewaltpräventionsstudie versuchten die Verantwortlichen die Dringlichkeit des Problems zu verdeutlichen. Dabei sei bekannt geworden, dass drei Viertel aller Frauen im Laufe ihres Lebens Gewalt erfahren würden, 30 Prozent davon sexuelle Gewalt.

(Schluss) ede/gr/hai