Zart und gehaucht oder wild und intensiv: Küsse gibt es in allen Spielarten, sie können Köpfe verdrehen und die Schmetterlinge im Bauch flattern lassen. Mit dem 6. Juli wurde dieser wunderschönen Nebensache ein eigener Tag zuerkannt. Aber nicht nur das: Mit der Philematologie gibt es eine eigene Wissenschaft vom Küssen.

Die Frage, warum wir eigentlich küssen, konnten die Forscher aber bis heute nicht beantworten. Eine Theorie sagt, das Küssen sei aus dem Fütterungsritual entstanden. Eine andere ist noch weniger romantisch: Bei der sexuellen Kontaktaufnahme beschnüffeln sich Säugetiere oft am Hinterteil. Bei den Menschen könnte dieses Ritual im Zuge des aufrechten Ganges nach oben gerutscht sein – Beschnüffeln mit Lippenkontakt, quasi.

Unbestritten sind jedoch die positiven Effekte des Küssens, denn: Alles, wobei wir uns wohlfühlen, hat auch positive Effekte auf die Gesundheit. So können Küsse durch den Austausch von Bakterien – 80 Millionen bei einem Zungenkuss – nicht nur das Immunsystem stärken. Sechs Gründe für mehr Küsse:

Gesundheit: Intensiver Kontakt

Zwar hat nicht jeder Kuss Heilkräfte - und wer erkältet ist, sollte lieber nicht knutschen. Aber: "Der Kuss hat - alles in allem - eher gesundheitliche als krankmachende Wirkungen", sagt der Biopsychologe Peter Walschburger von der Freien Universität Berlin. Hautkontakte zu pflegen, tue den Menschen gut - "und der Kuss ist nun einmal ein besonders intensiver Hautkontakt". Die Bremer Kulturanthropologin Ingelore Ebberfeld betont: "Alles, wobei wir uns wohlfühlen, hat auch einen gesundheitlichen Aspekt. Das ist ein schöner Nebeneffekt des Küssens."

Immunsystem: Vitalstoff Kuss

Küsse heben unsere Stimmung und vitalisieren uns dadurch laut Walschburger - so können sie die Abwehrkraft des Körpers stärken. Abgehärtet werden wir auch, weil beim Küssen unzählige Bakterien ausgetauscht werden. Aus Hygieneüberlegungen sollte also niemand auf das schöne Ritual verzichten. Denn wer aus Furcht vor den Bakterienströmen nicht mehr küsst, wird sicher nicht glücklicher.

Glück: Silvester im Gehirn

Obwohl beim Thema Küssen oft von Glückshormonen die Rede ist: "Nicht alle Ethnien küssen so gern wie wir in der westlichen Welt", sagt Kussforscherin Ebberfeld. "Deshalb kann man nicht pauschal sagen: Küssen macht glücklich." Wer gern küsse, den mache es aber glücklich, geküsst zu werden - nur natürlich nicht von jedem. Ist es gar der oder die Richtige, kennt der Organismus kein Halten mehr. Ebberfeld: "Wenn wir verliebt sind oder jemanden außerordentlich begehren, dann ist im Gehirn Silvester. Da fliegen die Botenstoffe hin und her."

Entspannung: Stress wegküssen

Bei aller Aufregung verspricht Küssen Entspannung. "Das Küssen kann auch Stress reduzieren, wenn es zum Beispiel einem schlechten Tag eine gute Wendung verleiht", sagt Walschburger.

Alter: Küssen verlängert das Leben

Küssen hält jung - ganz so vereinfacht würde es der Biopsychologe zwar nicht ausdrücken. Seine Erklärung geht aber in eine ähnliche Richtung: "Wenn man von Vielküssern annimmt, dass sie in gelingenden Sozialbeziehungen leben und damit glückliche Menschen sind, dann kann man schlussfolgern, dass sie länger leben als andere."

Sicherheit: Küsse besiegeln Bindung

"Wenn wir uns am Anfang kennenlernen, dann versichert der Kuss: Wir gehören zusammen und ich hab' dich immer noch genauso gern", sagt Ebberfeld. "Der Kuss gibt uns ein Sicherheitsgefühl." Beim Küssen könne man auch schlecht lügen: "Vorzutäuschen, wollüstig zu küssen - da gehört schon einiges dazu." Für die Frauen sei der Kuss ein Mittel, um zu überprüfen: Steht der Andere noch zu mir? Wie sind seine Gefühle? Archaisch betrachtet sei es sehr wichtig gewesen, dass der Versorger an die Familie gebunden war. Männer hingegen küssten eher zielorientiert. "Sie wollen ihre Gene weitergeben."

DPA