Sie hatte die Diagnose Brustkrebs, die Abnahme der linken Brust und die Chemotherapie überstanden. Sie entschied sich für einen Wiederaufbau ihrer Brust, der auch „wunderschön“ war, wie Gudrun H. erzählt. „Doch wenn ich mich im Spiegel gesehen habe, hat etwas gefehlt“. Dieses etwas war ihre linke Brustwarze. Daher entschied sie sich für eine neue Möglichkeit der plastischen Chirurgie: Die Wiederherstellung der Brustwarze mittels Tattoo.

Dafür begab sie sich nicht unter irgendeine Nadel, sondern unter die von Star-Tätowierer Mario Barth, der sonst Stars wie Lenny Kravitz zu seinen Kunden zählt. Und wurde damit zur ersten Patientin an der Grazer LKH-Uniklinik, die eine Brustwarze a la Barth bekam. Nach seinem ersten Gastspiel im November 2014 ist Barth heute wieder in Graz und gibt Brustkrebspatientinnen ihre Brustwarzen zurück.

3-D-Effekt

„Ich beschäftige mich in den USA schon seit zehn Jahren mit dem medizinischem Tätowieren“, sagt Barth. 5000 bis 6000 Frauen hat der gebürtige Grazer in den USA bereits Brustwarzen tätowiert, durch seine Freundschaft zum Chirurgen Thomas Rappl von der Uniklinik für plastische und rekonstruktive Chirurgie entstand die Zusammenarbeit mit der Grazer Klinik. „Als Tätowierer erfolgreich zu sein, ist die eine Sache“, sagt Barth. „Aber wenn du Menschen mit deinen Tattoos wirklich helfen kannst, ist das so wertvoll“. Mittels spezieller Technik, die einen 3-D-Effekt erzielt und genauer Farbauswahl schafft Barth Brustwarzen, die auf den ersten Blick von echten nicht zu unterscheiden sind.

Die Zeit zurückdrehen

„Wir gehen damit ganz neue Wege, aber das wird die Zukunft sein“, sagt Klinik-Vorstand Lars-Peter Kamolz. Rekonstruktive Chirurgie habe für ihn die Aufgabe, die Zeit zurückzudrehen – vor einen Unfall oder vor eine schwere Erkrankung wie Krebs. Brustwarzen werden bisher durch eine sogenannte Lappenplastik operativ wiederhergestellt – zur Perfektion fehlt aber die richtige Farbgebung. „Die Form der Brust können wir Chirurgen wieder herstellen“, sagt Rappl, „doch der Feinschliff fehlt“.

„Es hat etwas gefehlt“, sagt auch Gudrun H., wenn sie sich an die Zeit vor der tätowierten Brustwarze erinnert. Das Tattoo habe ihr ein neues Lebensgefühl gegeben, und vor allem die Möglichkeit, die Erkrankung endlich hinter sich zu lassen. Denn: „Immer wenn ich mich im Spiegel gesehen habe, hat es im Kopf wieder angefangen zu arbeiten“. Auch für ihre Kinder war es der 52-Jährigen wichtig, dass die Mama nicht mehr krank ausschaut. Sondern wieder wie davor.

Testlauf

Etwa eine Stunde braucht Mario Barth für eine Brustwarze. Seine Besuche in Graz sind noch ein Testlauf dafür, wie groß die Nachfrage nach dem Angebot ist. Für die Zukunft kann sich der Tattookünstler, der in den USA lebt, vorstellen, Kollegen in Graz auszubilden und so das „Medical Tattooing“ auch in Österreich zu etablieren. Das momentane Angebot an betroffene Frauen ist kostenlos.