Stellen Sie sich vor Sie sind krank und für die Heilung brauchen Sie weder einen Arzt noch Medizin oder eine Operation. Heilung allein durch den eigenen Geist verspricht der Selbstheilungsexperte, Filmemacher, Autor und Mental Healing-Begründer Clemens Kuby. Was auf den ersten Blick schier unmöglich erscheint, soll laut Kuby bereits unzählige Male Wirklichkeit geworden sein. Er selbst hat sich nach einem Sturz aus einem Fenster (1981) und der darauffolgenden Diagnose "Rollstuhl lebenslänglich" selbst geheilt. Die Mediziner hingegen sprachen von "Spontanheilung".

"Todesangst"

Fakt ist, dass Kuby wieder ganz normal gehen kann. "Ich selbst wollte bis zu meinem Unfall lange nicht einsehen, dass ich mit meinem Lebenskonzept auf dem Holzweg war“, so Kuby über seine Einstellung vor der Selbsterkenntnis. Erst im Rettungshubschrauber, als dieser durch ein Gewitter flog und Kuby "Todesangst" überkam, trennte er sich von seinem für ihn falschen Lebenskonzept und fand den Weg zur Selbstheilung.

"Wie?", so die berechtigte Frage. Vereinfacht ausgedrückt, verläuft der Selbstheilungsprozess so: Der Betroffene erinnert sich in einem intuitiven Prozess an jene Situation, welche die Ursache seiner Krankheit ist und schreibt die betreffenden Szenen in der Gegenwartsform und in direkter Rede genau auf. Danach schreibt er dann diese negativen Szenen ab dem Moment, der zur Krankheit geführt hat, ebenso im Hier und Jetzt als Erlebnis einer "neuen positiven Wirklichkeit" um. Dadurch löse sich die Ursache für die Krankheit rückwirkend auf, wodurch die/das Symptom/e verschwinden würde/n. "Wirklichkeit ist, was wirkt und nicht unbedingt das was wahr ist", fasst Kuby seine Erkenntnis, die sich auch aus seinen jahrelangen Erfahrungen als Filmemacher nährt, knapp zusammen.

Anwenden sollen diese Methode jedoch nur diejenigen, welche das dazugehörige Menschenbild ("wir sind eine Seele mit einem Körper und nicht umgekehrt") verinnerlicht haben. "Es wäre absolut vermessen und hochgradig gefährlich, wenn man sich für einen geistig-seelischen Heilprozess entscheidet und diesen Identitätswechsel noch nicht vollzogen hat", gibt Kuby zu bedenken.

Schulmedizin - wozu?

Zu Schul- und Alternativmedizin sowie dem Bereich der Psychoanalyse hat Kuby ein ambivalentes Verhältnis. "Um die Botschaft in Form eines Symptoms schärfer analysieren zu können, braucht man gute Diagnosen", so Kuby. Auch für den Notfall und die Erste Hilfe sei die Schulmedizin unumgänglich. Viel mehr gesteht er der Gesundheitsbranche im Allgemeinen allerdings nicht zu, im Gegenteil. Sie sei zu teuer, biete zu wenig Hilfe zur Selbsthilfe (auch viele Psychotherapeuten und sogenannte Heiler schließt er mit ein) und sei darauf ausgerichtet, dem Menschen keine eigene Kompetenz für sein Wohlergehen zuzusprechen.

Dem Argument, dass auch seine Seminare, Hotlines, etc. nicht gratis sind, setzt er trockene Zahlen entgegen: "Ich hatte einen Fall, einen Mann, der hatte 150.000 Euro für Augenoperationen ausgegeben und konnte trotzdem nicht sehen. Nach einem Gespräch mit mir, das 54,50 Euro gekostet hat, begann er wieder zu sehen." Zudem sei es eines seiner wichtigsten Anliegen, dass "man sich bei den Kunden so schnell wie möglich überflüssig mache". Ein entsprechender Ethikkatalog muss auch von seinen Mitarbeitern unterschrieben werden.

Wo aber sind die Beweise für die Heilungen? "Die, die sich geheilt haben, melden sich meist nicht mehr, nur die, bei denen es noch nicht geklappt hat", so Kuby. Viele Erfolge fänden bereits während der Seminare statt und manche schrieben später auch E-Mails. Das überzeugendste Argument für den Erfolg seiner Methode sei jedoch die Mundpropaganda. "Niemand würde jemand anderem meine Seminare empfehlen, wenn er damit bei sich keinen Erfolg erzielt hätte", so Kuby. Insofern scheint der Zulauf ihm Recht zu geben: Seit den Anfängen von Kubys Heilungsarbeit im Jahre 2005 hätten sich bereits Tausende Menschen um Hilfe an ihn gewandt.

Irreführung oder Heilung?

Wo eine Theorie, da auch ihre Gegner. "Schon der Name der Methode Mental Healing ist im Grunde eine Irreführung", gibt die Medizinjournalistin und bekennende Alternativmedizin-Skeptikerin Krista Federspiel zu bedenken. "Das Wort Heilung suggeriert, dass mit der Methode tatsächlich Krankheiten geheilt werden könnten, und spricht Sehnsucht nach Spiritualität an. Beides bleibt Illusion." Stimmt nicht, kontert Kuby. Sogar die große Schweizer Krankenkasse EGK würde ihren Mitgliedern diese Methode empfehlen.

Einen positiven Aspekt kann Federspiel Autosuggestions-Methoden dennoch abgewinnen: Sie könnten Entspannung, eine Änderung der Einstellung und innere Distanz zu Leiden und zu Problemen bringen sowie psychosomatische Beschwerden lindern. Eine Autosuggestionsmethode, die Kuby als "seine Erfindung" in Anspruch nähme, gäbe es jedoch schon seit dem 19. Jahrhundert, und dass ein schlichter Rückblick in die Krankheitsgeschichte die Krankheit heilen soll, sei fraglich. Einfach sei die Methode ganz und gar nicht und ein Rückblick allein helfe nicht, so Kuby. "Es ist viel Konzentration und Arbeit notwendig, um eine Verdrängung wieder ins Bewusstsein zu holen und sie zu transformieren.“

Kritisiert wird auch, dass Kuby "bislang noch keine Dokumentation seiner angeblichen Erfolge vorgelegt" hat. Stimmt, meint Kuby, allerdings wäre er (und Prof. Dr. med. Franz Porzsolt von der Universität Ulm) sofort dazu bereit, vorausgesetzt der Auftrag käme von einer "offiziellen" Stelle.

Gefährliche Methode?

Ist Kubys Methode gar gefährlich? "Das Risiko liegt darin, dass eventuell notwendige Behandlungen verschleppt werden. Bei Nichterfolg wird die Schuld den Leidenden zugeschoben: Sie haben eben zu wenig trainiert oder daran geglaubt. Und diese Kränkung macht erst recht krank", so die Meinung der Skeptikerin.

Ob die Methode tatsächlich hilft oder nicht, darüber können wohl nur jene urteilen, die sie am eigenen Leib erprobt haben. Seine Seminare stünden allen offen, auch Skeptikern, so Kuby.