Am Freitag ist immer Hundetag im Gefängnis im ungarischen Debrecen. Dann kommen die Schäferhundmischlinge Sergey, Cutie, Scottie, Tiny und Fatty aus einem nahe gelegenen Tierheim zum Gehorsamkeitstraining mit den Häftlingen. Das 2014 gestartete Projekt hilft Gefangenen und Hunden gleichermaßen bei der Resozialisierung.

"Diese Hunde haben ohne das Programm praktisch keine Chancen, neue Besitzer zu finden", sagt Annamaria Nagy von der örtlichen Hundeschule. Die Schicksale von Mensch und Tier seien ähnlich.
Beim Training führen fünf Häftlinge die Hunde im Keller des Gefängnisses im Osten Ungarns durch einen Hütchenparcours: "Lass die Leine ein bisschen länger", empfiehlt Nagy einem von ihnen. Während des siebenwöchigen Programms haben Häftlinge und Vierbeiner zehn verschiedene Aufgaben zu bewältigen.

Diziplin und Konfliktvermeidung

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So soll den Hunden das Tragen eines Maulkorbes, Disziplin und Konfliktvermeidung beigebracht werden. Eine teilnehmende Hundefamilie mit Schlappohren, klugen Augen und honigfarbenen Haarbüscheln auf dem Kopf wurde im November frierend in einem Wald gefunden. "Man konnte sich ihnen kaum nähern", erinnert sich die Verhaltensexpertin der Hundeschule, Agnes Nyuzo. "Sie mussten dringend sozialisiert werden." Das Projekt arbeitet mit einer in Ungarn entwickelten Methode, bei der das Tier das Verhalten des Herrchens widerspiegeln und ihn so dazu bringen soll, seine eigenen Fehler zu korrigieren. Schon nach wenigen Wochen haben die Hunde starke Beziehungen zu den Häftlingen aufgebaut und springen bei der Ankunft freudig auf sie zu. Auch die Männer freuen sich: "Es wirkt Wunder, für mich und für ihn, ich fühle mich noch Tage später gut", sagt Häftling Roland über das Training. Gerade legte er Cutie einen Maulkorb an, nun streichelt und lobt er das Tier.

"Wir wissen nicht und wir fragen nicht, warum die Häftlinge hier sind, wir sehen nur ihre positive Einstellung", sagt Nyuzo. Auch sonst eher verschlossene Häftlinge seien beim Hundetraining entspannt, heißt es beim Gefängnispersonal. "Es hilft ihnen ein bisschen zu vergessen, wo sie sind, sowie ihr Misstrauen abzubauen. Hunde sind ehrlicher als Menschen", sagt Anstaltsdirektor Sandor Peter Pancsusak. "Es hilft ihnen, toleranter zu werden, andere besser zu verstehen, und schließlich, es auch draußen zu schaffen." Die Plätze in dem Programm sind begehrt, die Warteliste ist lang.

Bisher nahmen mehr als 30 der rund 300 Insassen an dem Projekt teil. Ihre Delikte reichen von Überfällen bis zur Wirtschaftskriminalität, die meisten sind in Untersuchungshaft. Seit dem Hundetraining war keiner der Teilnehmer in gewalttätige Konfliktsituationen verwickelt.

Auch für die Hunde von Nutzen

Auch für die Hunde ist das innovative Projekt von Nutzen: Ein Häftling adoptierte nach seiner Entlassung sogar das Tier, das er trainiert hatte, wie Vanda Olga Toro stolz erzählt. Sie konzipierte das Projekt, nachdem sie von ähnlichen Programmen in den USA gehört hatte.

Zwölf von 31 Hunden, die die sieben Trainingswochen absolvierten, fanden inzwischen neue Besitzer. "Die Häftlinge vollbringen wahre Wunder mit ihnen", sagt die 27-jährige Toro im Tierheim "Together for Animals" am Rande Debrecens, das selbst an ein Gefängnis erinnert: Rund 200 Hunde und Katzen vegetieren in düsteren Betonzwingern.

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Durchschnittlich drei bis vier Jahre bleiben die Tiere in dem Heim, manche auch länger: "Wenn sie nicht niedlich genug aussehen, können es auch sechs oder sieben Jahre sein, bevor sie jemand adoptiert", sagt Toro. "Wenn sie ins Gefängnis gehen, ist es für die Hunde ein riesiges Abenteuer - dort kümmert sich endlich jemand um sie."