Ein Verleiher hatte ihm prophezeit, es würde schwer, für "diese schwierige Nische" ein Publikum zu finden. Weit gefehlt: "Man soll das Publikum nie unterschätzen", freut sich Regisseur Christian Frosch. Der gebürtige Waldviertler hat mit seinem Film „Von jetzt an kein Zurück“ zum Diagonale-Finale den Publikumspreis der Kleinen Zeitung gewonnen.

Für den überraschten Sieger ist der Publikumspreis „die Königsdisziplin. Egal, wie hoch der künstlerische Anspruch ist: Was kann man sich mehr wünschen, als dass die Leute den Film mögen?“ Mehr als 1300 Kinobesucher bestimmten per Abstimmungskarte über den beliebtesten Film des Festivals.

"Von jetzt an kein Zurück" mit Anton Spieker, Victoria Schulz © DIAGONALE

Der in Berlin lebende Regisseur erzählt in "Von jetzt an kein Zurück" in kantigem Schwarzweiß von einem jungen Liebespaar in der deutschen Provinz zu Ende der 60er-Jahre. Ruby und Martin, zart rebellisch, landen wegen Bagatellen in Erziehungsheimen. Der Film schildert die Zustände dort, die Demütigungen durch Ordensschwestern und Ex-Nazis – und die Spätfolgen für ihre Opfer im radikalisierten Deutschland der ausgehenden 70er-Jahre. Keine leichte Kost, aber ein hinreißend erzähltes, toll gespieltes, hoch politisches Melodram um Liebe, Verrat und Schuld.

Entstanden ist der Film aus der spätnächtlichen Begegnung in einem Lokal: „Dort hat mir ein Typ sein Leben erzählt – im wesentlichen die Geschichte von Martin“, die Biografie eines Mannes, der nach dem Erziehungsheim ins linke Terrormilieu geriet. Bei Recherchen fand Frosch dann heraus: Eine Million Jugendliche wurden in den 60er und 70ern in deutschen Erziehungslagern „diszipliniert“, in Österreich dauerte der Schrecken gar bis in die 80er-Jahre.

Ben Becker ist als überforderter Vater zu sehen
Ben Becker ist als überforderter Vater zu sehen © DIAGONALE

Überraschend die Besetzung: Schauspielstar Ben Becker ist, ganz gegen den Strich gebürstet, als überforderter, prügelnder Vater zu sehen. „Er hatte erst Angst vor der Rolle“, sagt Frosch, "weil die Figur alt und unsympathisch ist. Außerdem hat Becker selbst eine Tochter im Alter von Ruby, das war für ihn also schwierig. Ich fand aber das Bipolare, das Grobe und dann wieder so Sentimentale, wie es so übergangslos hin und her springt, an seiner Figur interessant. Dafür braucht man einen brachialen Typen, und Becker hat dafür gut gepasst." Letztlich mochte der Schauspieler seine Rolle und den Film.

Nicht als einziger: „Von jetzt an kein Zurück“ steht bereits auf der Longlist zum Deutschen Filmpreis. Vormerken: Am 19. Juni läuft der Film regulär im Kino an.

UTE BAUMHACKL