„Empathie ist ein sehr kaltes Wort. Schrauben Sie den kalorischen Wert ein bisschen nach oben, und ein anderes Wort kommt zum Vorschein, das wir nur noch hinter vorgehaltener Hand aussprechen: Liebe.“


Das Zitat stammt von Michael Haneke und passt doch so gut zu Franz Grabner, der den von ihm hoch geschätzten Regisseur 2005 für einen Essayband interviewt hatte. Grabner, der Dienstagnacht erst 59-jährig verstarb, war Empathiker und Liebender in allem, was er tat. Und das war so enorm viel, dass jede Aufzählung nur enzyklopädischer Eifer wäre und vor allem einem nicht Genüge täte: der Qualität, Tiefe und Leidenschaft des Mannes mit der Blutgruppe H – H wie Herzblut.


Grabner, geboren am 1. November 1955 in Güssing, hatte zunächst in Graz seine Wahlheimat gefunden. Hier studierte der Burgenländer katholische Theologie und Germanistik, war Bildungsreferent der Katholischen Hochschulgemeinde und Leiter des Medienreferats der Diözese. Die von ihm initiierte Kinoreihe „Grazer Filmgespräche“, die später zum Programmelement des steirischen herbstes wurde, sollte auch das kirchliche Verständnis für Autorenfilme und die zeitgenössische Bildsprache wecken. In Klagenfurt versuchte er, die „Kärntner Kirchenzeitung“ in der Nachfolge des späteren „Presse“-Chefredakteurs Michael Maier als über den kirchlichen Horizont hinaus attraktive Wochenschrift zu führen. Beides energisch und mit Feuer, beides nicht ohne Funkenflug.


„So wie er seine Arbeit lebte, lebte er auch sein Leben: kritisch, reflektiert, ehrlich“, rief ihm gestern Fernsehdirektorin Kathrin Zechner bewundernd nach. Seit 1993 im ORF, hatte Grabner ja die TV-Hauptabteilungen Religion und Kultur verantwortet und unter anderem die Sendung „kreuz und quer“ entwickelt. Zuletzt war er als Leiter der Kulturdokumentation etwa für die Reihen „art.genossen“ und „dok.film“ zuständig. Der Lehrbeauftragte für Film und Religion in Graz und an anderen Universitäten, wie jener in Straßburg, wurde für viele seiner Dokumentationen international ausgezeichnet.


Franz Grabner war ein stiller Großer. Als Vater. Als Freund. Als Kollege. Als Denker. Als Kulturmensch. Als Mensch. Jetzt ist der Unermüdliche doch müde geworden. Nach langer Krankheit ist er allzu früh so gegangen, wie es in einer Brahms-Motette trostreich klingt: „Wie Gott mir verheißen hat: Der Tod ist mir Schlaf worden.“


MICHAEL TSCHIDA