Die umstrittene Nordkorea-Komödie "The Interview" hat bei ihrer Premiere in den USA zahlreiche Zuschauer in die Kinos gelockt. Viele Vorstellungen waren am Donnerstag ausverkauft, nachdem das Hollywood-Studio Sony Pictures nach einem Cyberangriff und Drohungen von Hackern die Premiere zunächst abgesagt hatte.

Nach scharfer Kritik von US-Präsident Barack Obama und der Filmbranche hatte Sony in dieser Woche jedoch eine Kehrtwende vollzogen und den Film doch noch in die Kinos gebracht. Mehr als 300 Kinos zeigten die Komödie ohne Zwischenfälle.

Große Erwartungen - brave Komödie

Ein großer Wurf der Filmkunst ist der Streifen nicht gerade, ohne den politischen Wirbel wäre "The Interview" angesichts der scharfen Weihnachtskonkurrenz vermutlich eher untergegangen. Aber es kommt eben nicht gerade häufig vor, dass eine Hollywood-Satire mit Barack Obama und Kim Jong-un gleich derartige Beachtung bei zwei Staatschefs findet - noch bevor der Streifen überhaupt angelaufen ist.

Angesichts derartiger aufgeheizter Erwartungen konnte die brave Komödie, die am Mittwoch überraschend zunächst auf dem Internetportal YouTube zu sehen war, nur enttäuschen. Europäische Fans mussten allerdings zunächst verzichten: Fürs Erste ist der Film nur im US-Netz zu verfolgen.

Weihnachten ist die Hochzeit familientauglicher Kino-Filme - zur leichten Verkostung gilt die Faustregel, dass die Plots möglichst ausgetreten, die Stoffe keinesfalls sperrig sein dürfen. Und natürlich: kein Sex und keine Kraftausdrücke. Durch letzteres glänzt allerdings "The Interview". Dauerthema der 152-Minuten Streifens ist es etwa, ob der gottähnliche Herrscher überhaupt menschliche Verdauung hat. Die Frage wird auch sprachlich vielfältig und hemmungslos ausgekostet.

Penis-Witze unsd Sexismus

"Es war nicht sonderlich lustig", meinte der britische "Guardian" zutreffend, "es sei denn, wenn sie wirklich Witze über die Genitalien lieben". "25 Prozent Penis-Witze, 20 Prozent Anus-Witze, 20 Prozent Sexismus", ätzt das Blatt. Sehr viel mehr bleibt dann nicht mehr übrig.

Doch ansonsten hielten sich die Doppel-Regisseure Evan Goldberg und Seth Rogen streng an die Weihnachtsregeln. "Sie betreten jetzt das gefährlichste Land der Welt", stimmt der Film gleich zu Beginn ein.

Der Plot: Zwei überdrehte bis trottelige TV-Journalisten (streckenweise stark gespielt von Seth Rogen und James Franco) wollen als besonders coolen Gag ein Interview mit Kim Jong-un machen. Doch der Geheimdienst CIA schaltet sich ein, damit die beiden den Diktator ermorden - per Handschlag sollen sie dem Feind das Gift verabreichen. Selbst der nur halbwegs geübte Kinogänger ahnt schon zu Beginn, zu welcherart Szenen das führen wird.

Nichts wird ausgelassen: Da ist die unumgängliche strenge kommunistische und uniformierte Polit-Kommissarin - die sich freilich als sexhungriges Weib entpuppt. Natürlich gibt sich der Diktator zunächst derart human und handzahm - dass sogar einer der TV-Typen den Mordkomplott torpedieren will. Und, natürlich, am Ende steht ein feuriges Finale: Panzer gegen Kampfhubschrauber, selbstverständlich kommt der Unhold in den Flammen um. 5,99 Dollar (4,91 Euro) kostet der nicht allzugroße Spaß im Internet - mehr kann man für den Preis auch kaum verlangen.

Kann es wirklich sein, dass der Mann aus Pjöngjang das Spektakel tatsächlich ernst nimmt? Und seine Hacker-Unholde in Gang setzt? Hat Kim Jong-un wirklich gar keinen Humor? Fest steht: Eine bessere PR als der Hacker-Angriff und die Terrordrohungen, die laut US-Lesart aus Nordkorea kamen, wäre kaum denkbar gewesen.

Zur Staatsaffäre gemacht

Kim Jong-un und Obama haben den Fall geradezu zur Staatsaffäre erhoben: Der Koreaner, weil er sich mutmaßlich beleidigt oder auf den Arm genommen fühlt. Und Obama, weil er durch den anfänglichen Rückzug durch Sony Pictures die Meinungsfreiheit in den USA gefährdet sah.

Obama und Sony Pictures dürften jetzt zufrieden sein. Die Frage ist: Was macht jetzt Kim Jong-un, der böse Mann aus Nordkorea?