Calvin Weir-Fields (Paul Dano) ist die Stimme seiner Generation, mit 19 hat er einen großen amerikanischen Roman vorgelegt und war schlagartig ein literarischer Superstar. Heute, zehn Jahre später, verbringt er den Großteil seines Tages damit, auf ein leeres Blatt zu starren, veröffentlicht hat er schon lange nichts mehr, sein Hund Scotty - ein menschenscheuer und nicht ganz stubenreiner Welpe, benannt nach F. Scott Fitzgerald - ist neben der Familie sein einziger sozialer Umgang. Mithilfe seines Therapeuten schafft Calvin es schließlich doch, seine kreative Energie zu bündeln, mit erstaunlichen Ergebnissen. Die Macher von "Little Miss Sunshine" legen mit "Ruby Sparks" eine zauberhaft-charmante Autorenkomödie mit Ausschlägen ins Ernsthaft-Nachdenkliche vor. Der Film läuft ab Freitag in den österreichischen Kinos.

Um seine Schreibblockade und seine Einsamkeit gleichermaßen zu überwinden, erträumt sich Calvin seine ideale Frau und Muse: Ruby - rothaarig, energiegeladen und verrückt nach dem nerdigen Schriftsteller. Und plötzlich geht das mit dem Schreiben wie von alleine, Calvin verbringt jede Sekunde vor der Schreibmaschine, um Ruby eine Vergangenheit und Charakter zu verleihen. Ruby Sparks (Zoe Kazan) ist 26 Jahre alt, malt, mag Motorräder, hasst Heuchler und hält immer zu den Außenseitern, als kleines Kind war sie in John Lennon und Humphrey Bogart verliebt - als sie herausfand, dass beide bereits tot sind, musste sie weinen.

Die Seiten mehren sich, der Therapeut ist zufrieden, als Calvin nach einer durchgeschriebenen Nacht die Treppen zu seiner Küche hinuntergeht. Dort steht Ruby, immer noch rothaarig und gut gelaunt, in einem Männerhemd und isst Müsli. Sie ist fest davon überzeugt, hier zu wohnen und Calvins Freundin zu sein - dieser glaubt die schmale Grenze zwischen Genie und Wahnsinn jetzt endgültig überschritten zu haben. Ruby ist jedoch keine Wahnvorstellung, sondern tatsächlich Calvins Idealvorstellung in Fleisch und Blut. Die gute Nachricht: Auch Familie und Freunde können sie sehen.

Moralische Konflikte

Das eröffnet dem vereinsamten Schriftsteller nicht nur ein glückliches Beziehungsleben, sondern auch ungeahnte Möglichkeiten, die sich jeder Mann nur wünschen würde (wie Calvins Bruder anmerkt) - denn mit seiner Schreibmaschine kann Calvin Ruby kontrollieren, sie etwa fließend Französisch sprechen lassen. Gepackt von moralischen Konflikten und Hals über Kopf verliebt, schwört sich Calvin nie wieder an Rubys Geschichte weiterzuschreiben. Als sie jedoch im Laufe der Beziehung immer mehr zum eigenständigen Charakter wird und droht, Calvin zu verlassen, stellt ihn das vor schwierige Entscheidungen.

Das Regisseur-Ehepaar Jonathan Dayton und Valerie Faris haben sich schon mit "Little Miss Sunshine" in die Herzen vieler Independent-Filmliebhaber eingeschrieben. Jetzt legen sie mit "Ruby Sparks" einen ebenfalls hoch charmanten, aber doch anspruchsvollen Film nach einem Drehbuch von Zoe Kazan, die selbst die Rolle der Ruby übernimmt, vor. Die Geschichte, die ein bisschen an Marc Forsters "Stranger than Fiction" erinnert, lebt von ihrem Figurenpersonal - vom tollpatschigen, emotional eher inkompetenten Protagonisten bis hin zum quirlig-quietschigen Groupie.

In Nebenrollen sorgen Annette Bening als esoterische Hippie-Mutter mit neuem Lebensgefährten Antonio Banderas, der gerne selbst Möbel aus Treibholzteilen schnitzt, für die zusätzliche komische Note. Auch Hund Scotty, der sich ab und zu Mal mit Lackerln im Bett und einem zerfetzten J.D. Salinger einbringt, macht Teil des Charmes von "Ruby Sparks" aus. Trotz so viel Leichtigkeit geht sich dennoch die eine oder andere aufgeworfene Frage zu Macht, Manipulation und der idealen Beziehung aus - ein rundes Gesamtpaket.