14 Jahre lang ist Jean-Louis Trintignant nicht mehr vor der Kamera gestanden, aber gemeinsam mit Emmanuelle Riva liefert er in Michael Hanekes "Amour" eine Glanzleistung ab. "Ich wollte nicht mehr in Filmen spielen, ich bin im Theater besser", meinte Trintignant am Sonntag bei der Pressekonferenz im Rahmen der Filmfestspiele in Cannes. "Aber ich finde, dass Michael Haneke einer der größten Regisseure unserer Zeit ist." Hanekes Film beobachtet so zärtlich wie gnadenlos die letzten gemeinsamen Wochen des pensionierten Musiklehrerpaares Anne und Georges, das mit dem Schlaganfall von Anne umgehen lernen muss. Isabelle Huppert spielt die viel beschäftigte Tochter, die im Ausland lebt und nur selten zu Besuch kommt.

Bisher habe er sich nie gerne auf der Leinwand gesehen, erzählte Trintignant: "Ich war in mehr als 100 Filmen, aber es war das erste Mal, dass ich mich gern gesehen habe." Dem konnte Isabelle Huppert nur zustimmen. "Ich sehe mich auch immer gerne in seinen Filmen, das ist sehr befriedigend." Überhaupt schwärmten die Darsteller in den höchsten Tönen von der Arbeit mit Haneke: "Ich habe noch nie einen so fordernden Regisseur getroffen", so Trintignant, für den sein Ausflug ins Kino eine einmalige Sache gewesen ist. "Er weiß ganz genau, wie sein Film aussehen soll." Huppert sah eine "enorme Wechselseitigkeit in der Arbeit" und meinte, sie wäre "sehr glücklich, wenn ich von ihm wieder Rollen angeboten bekomme".

"Ich habe Michael Haneke ein paar Mal getroffen", erzählte Emmanuelle Riva, bekannt nicht zuletzt für ihre Rolle in Alain Resnais' Klassiker "Hiroshima mon amour". "Und ich hatte immer das Gefühl, dass er meinen Rücken studiert und die Art, wie ich mich bewege." Vor Aufregung habe sie gar nicht gewusst, wie sie gehen solle. Riva lebte richtig in die Rolle hinein, wie sie erzählte, selbst die schwierigsten Szenen hätten am Ende gar nicht mehr schwierig gewirkt. "Er sagte zu mir, sei auf keinen Fall sentimental - und da ist der Groschen gefallen. Am meisten Angst hatte ich schlussendlich vor diesem elektrischen Rollstuhl." Auch die Arbeit mit Trintignant sei gut und intensiv gewesen: "Ich habe völlig an dieses Paar geglaubt."

Trotz des schwierigen Themas habe der Dreh sehr viel Spaß gemacht, wie alle Beteiligten bestätigten. "Da war keine Traurigkeit, nur ein sehr große Freude", meinte etwa Riva. Trintignant erzählte, man habe alleine zwei ganze Tage damit verbracht, seine Jagd auf eine Taube in der Wohnung zu filmen - eine gebrochene Hand inklusive. Und Huppert ergänzte: "Das Publikum leidet, nicht die Schauspieler." Haneke selbst meinte, man habe bei schweren Dramen oftmals mehr Freude am Set als bei Komödien, und freute sich darüber, dass ihm ein so einfacher Film gelungen sei. "Es ist ein unheimlich starker Film", so Riva, "in manchen Belangen erinnert er fast an einen Dokumentarfilm. Und weil er so einfach ist, ist er auch so stark."