Robert Pattinson schläft sich nach oben - und als Zuseher fragt man sich bald, warum genau man dabei zusehen sollte. Die kritische Satire "Bel Ami" von Guy de Maupassant hätte zwar durchaus aktuelle Relevanz: Das bedingungslose Streben eines jungen Mannes nach oben im ausgehenden 19. Jahrhundert erinnert in vielen Bereichen an die Rücksichtslosigkeit einer modernen Gesellschaft, in der Geld, Macht und Wachstum zu den höchsten Werten verkommen sind. Doch die Regisseure Declan Donnellan und Nick Ormerod entschieden sich lieber für ein Kostümdrama, in dem Pattinson mehr als Spielball seiner Triebe denn als ehrgeiziger Aufsteiger porträtiert wird. Ab Donnerstag im Kino.

Zumindest die "Twilight"-Fangemeinde wird erfreut sein: Pattinson darf sich als lüsterner und charmanter, allerdings wenig talentierter und völlig abgebrannter Georges Duroy mehrfach entblößen und muss keineswegs mit seinen durchaus vorhandenen Reizen geizen. Als Heimkehrer aus dem Algerienkrieg trifft er in Paris um 1900 auf seinen alten Kameraden Forestier, der ihn in die besseren Kreise einführt und ihm eine Kolumne in seiner Zeitung verschafft. Unterstützung beim Schreiben und beim Aufstieg erhält er von Forestiers Gemahlin Madeleine (Uma Thurman), die ihn zuerst an die vernachlässigte Clotilde (Christina Ricci) und später an sich selbst heran lässt.

Neuer "Bel Ami" ohne Tiefgang

Wenn er nach und nach seinen Kredit bei den ihm Wohlgesonnenen verspielt, hüpft Georges ins nächste Bett, etwa jenes von Virginie (Kristin Scott Thomas), der Ehefrau des Zeitungsherausgebers. Er hat schnell gelernt, dass hinter den erfolgreichen Männern eigentlich deren einflussreiche Frauen über Sein oder Nicht-Sein bestimmen - und nutzt das aus, solange es seinem Vorteil dient. Dieses Muster wird im Film stets ausführlich durchdekliniert, ohne dass sich Pattinson groß mit dem Charakter seiner Figur auseinandersetzen müsste. Somit muss man sich auch hinsichtlich des Schauspiels auf die Frauen verlassen und wird von Thurman, Ricci und Scott Thomas nicht enttäuscht.

Enttäuschend bleiben vielmehr Drehbuch (Rachel Bennette) und Regie, die sich an der hübschen Ausstattung, den Salons und dem Hauptdarsteller ergötzen, sich aber sonst offensichtlich nicht allzu viel um eine zweite Ebene des Romanklassiker geschert haben. Maupassants Vorlage diente rund ein Dutzend Mal als Anregung für das Kino. Die bekanntesten und künstlerisch überzeugendsten Spielfilme sind der vom Wiener Willi Forst 1939 in Berlin mit sich selbst in der Titelrolle gedrehte und die US-amerikanische Version aus dem Jahr 1947. In der verkörpert George Sanders unter Regie von Albert Lewin den karrierebewussten Frauenheld geradezu als sadistischen Tyrann. Der neue "Bel Ami" wird wohl nicht in die Geschichte eingehen.