Was für ein herrlich buntes Volk! Das Mereneu Project ist eine Band aus aller Jazzherren Länder, und so klingt sie auch: frisch, frech, offen, weltläufig. Im Vorjahr überzeugte das sogar die gestrenge Jury der Downbeat Student Music Awards. Beim Bewerb des berühmten Fachmagazins aus Illinois gewann das Grazer Nonett von Emiliano Sampaio in der Kategorie „Best Small Jazz Combo“.

Was macht denn ein Brasilianer in der Steiermark? Musik. Und damit Eindruck. 2012 ging Sampaio mit seinem Meretrio auf Europa-Trip. Bei Freunden in WGs wohnen, ein paar Gigs spielen. Schauen, ob man dort studieren kann. Nach Köln, Berlin, Paris und Amsterdam war die Abzweigung nach Graz die richtige. Schlagzeuger Luis André und der Gitarrist und Posaunist Sampaio schafften die Aufnahmsprüfung an der Kunstuniversität. Ihr Bassist musste zurück nach São Paolo, was die elfjährige Zusammenarbeit aber nicht zerbröseln ließ – bei Heimaturlauben stecken die drei nach wie vor die Köpfe und Instrumente zusammen, diesen Juli waren sie auf Europa-Tournee und gastierten unter anderem auch beim Jazz im Generalihof in Graz

Anfang des Jahres gab es volle Konzentration aufs Nonett. Von der ersten CD voll subtilem Witz und cleverer Stilistik waren schon 1000 Stück weggegangen. Ein Grund mehr, ein Schäuferl nachzulegen. Also servierte Sampaio mit den Seinen im März im Stockwerkjazz Graz wieder Raffinessen zwischen Jazz und Pop, und erstmals war Frischware für das nächste Album dabei.

Und die übernächste CD hatte er dabei schon in der Tasche. Der 30-Jährige, der als Junggitarrist für Iron Maiden&Co geschwärmt und erst im Studium die brasilianische Folklore entdeckt hatte, doppelte sein Nonett mit Größen wie dem Saxophonisten Heinrich von Kalnein auf das Mega Mereneu Project auf. Die Veröffentlichung von „Tourists“, Reiseskizzen im dichten Big-Band-Sound, zählte am 24. Juni zu seinem Masterabschluss in Jazzkomposition.

Zwei Videos von den Aufnahme-Sessions zu "Tourist" an der Kunstuniversität Graz:

Jetzt wurde das Album mit einer Spezialrezension im legendären "Downbeat" geadelt. "Tourist" wurde für die Rubrik "Editor's Pick" ausgewählt, und Jazzexperte Frank Alkyer war voll des Lobes für Sampaios Projekt. Lesen Sie hier:

Was macht Emiliano Sampaio übrigens, wenn er nicht gerade „früh, viel und konzentriert“ arbeitet? Dann schwimmt und läuft er gerne, fährt weit mit dem Rad, „bis zu Buschenschenken, um mich zu belohnen“. Oder kocht. Bacalhau mit Palmöl und Kokosmilch zum Beispiel. Daheim in Brasilien, wohin er zuletzt im Februar mit seiner Berliner Freundin vor Onkel Minus in die Sonne geflohen war, darf’s hingegen schon auch steirisch sein. Seiner Mutter tischte er einmal Spinatknödel auf, die dabei freilich ziemlich rätselte: „Warum um Himmels willen kochst du Brot?“

MICHAEL TSCHIDA

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