GRAZ. Bühnennebel und Rindenmulch (Ausstattung: Hanna Penatzer) begrüßen das Publikum per Feinstaubattacke. Dabei geht es in „Atmen“ des englischen Jungtalents Duncan Macmillan, der für die mit Katie Mitchell erarbeitete „Reise durch die Nacht“ nach Friederike Mayröcker den Nestroy-Preis 2013 erhielt, um Ökobewusstsein. Ein Paar um die 30, das aus dem IKEA kommend mit Dispersionsfarbe vor einer Waldtapete steht, erörtert in Gummistiefeln und düstersten Zivilisationsfarben das Thema Kinderwunsch. Überbevölkerung, Umweltkollaps, Weltverantwortung und Adoptionsalternative blasen sich zum Kondom des Vermehrungsgedankens auf. Verstärkt durch Renate Salvenmosers Wissenschaftsbeitrag zum gefährdeten Planeten aus dem Off. Die eloquente Verena Lercher und der irritierte Jan Gerrit Brüggemann meistern einen Dialog, der es in sich hat. Mit Wiedererkennungswert, zumindest für intellektuelle „Gutmenschen“, die Kinder nicht einfach in die Welt werfen.
Dass Überkorrektheit selbst zur Attacke werden kann, kristallisiert Regisseur Sam Brown bei der österreichischen Erstaufführung auf der Probebühne mit beißendem Witz heraus. Sie „lesen die richtigen Bücher, spenden“ und „schauen sich Filme im Originalton mit Untertiteln an“. Übertünchen die Naturkulisse klinisch weiß, sind Zerrissene, werden alt, sterben. Ein beklemmend berührender Lebensspiegel mit Luft zum Lachen.