Ethel Smyth, "das war eine Exzentrikerin mit Skandalgarantie, Sympathisantin der Suffragetten und britische Patriotin. Was noch? Lesbisch". So schrieb Alice Schwarzers "Emma" einmal. Mit ihrer lauten Stimme und dem überschäumenden Temperament war Smyth weit entfernt vom viktorianischen Frauenideal. Sie ritt und radelte, erklomm Berge, spielte Golf, Tennis, Schach und Cricket und verfasste insgesamt zehn Bücher, darunter die Autobiographie "Impressions that Remained" (1919).

Ethel Smyth, das war aber auch eine von Berlin bis New York umjubelte Komponistin. So wurde ihre Oper "Der Wald" 1902 an der Staatsoper Berlin uraufgeführt, fand dort jedoch kein begeistertes Publikum. "Der Wald" wurde noch im selben Jahr am Royal Opera House Covent Garden in London gezeigt und ein Jahr später an der Metropolitan Opera in New York herausgebracht. Es war das erste Stücke einer Frau überhaupt an der Met, und es sollte noch einmal mehr als 100 Jahre dauern, bis die zweite dran war, nämlich heuer: "Das ist ein Schock", sagte die finnische Komponistin Kaija Anneli Saariaho der "New York Times", die dort im Februar ihre vor 16 Jahren uraufgeführte Oper "L'Amour de Loin" präsentierte. "Es zeigt, wie langsam diese Dinge sich verändern. Aber sie verändern sich."

Die  bekannteste Oper von Smyth, die am Leipziger Konservatorium studiert hatte, dort später auch Tschaikowsky kennenlernte und zudem als Dirigentin reüssierte, ist "The Wreckers" (deutsch "Strandrecht"). Ihr Oeuvre umfasst auch sinfonische Werke, Kammermusik und Chorstücke, ihr berühmtestes Werk aber heißt "March of the Women", das zu einer Hymne der englischen Frauenbewegung wurde.

Smyth selbst sagte über ihre Kompositionen: „Der genaue Wert meiner Musik wird wahrscheinlich erst dann erkannt werden, wenn nichts von mir übriggeblieben ist als geschlechtslose Punkte und Striche auf liniertem Papier. Wenn das kümmerliche Rinnsal eines persönlichen Schicksals mit dem Strom menschlicher Erfahrungen davongetragen wird; wenn auch nur ein Quentchen von alledem ins Werk eines Künstlers einfließt, lohnte es sich, dieses Werk verfaßt zu haben. Und sollten andere jetzt oder nach meinem Tod nur ein schwaches Echo eines solchen Geistes in meiner Musik erfassen, dann ist alles gut, und mehr als gut.“

Nun präsentiert die styriarte erstmals Werke von Smyth und schreibt dazu: "Als Englands Frauen die Fahne der Freiheit ergriffen, um vor Gericht das Wahlrecht zu erstreiten, wurde ihr Marsch durch die Institutionen vom „March of the Women“ begleitet. Dieses eine Musikstückmachte Ethel Smyth 1911 weltberühmt, lange nachdem sie beim Grazer Heinrich von Herzogenberg ihr Musikstudium absolviert hatte. Dessen Freund Johannes Brahms mochte sie nicht, umso mehr Elisabeth von Herzogenberg. Die Ehefrau des Komponisten wurde zur großen Liebe der englischen Musikerin".