Die Überraschung war groß, als publik wurde, Australien werde am 60. Song Contest teilnehmen. Wie war es für Sie?

GUY SEBASTIAN: Wir hätten nie gedacht, dass es je möglich sein wird – Australien liegt doch so weit weg. Aber wir sind Partner der European Broadcasting Union, unser Sender SBS überträgt den Song Contest seit 30 Jahren und die Australier lieben ihn von Jahr zu Jahr mehr. Das Land war begeistert, als feststand, dass wir teilnehmen.

Was bedeutet Ihnen diese beinah historische Premiere?

SEBASTIAN: Ich sehe mir den Song Contest seit Jahren an und es ist einfach großartig, hier daran teilnehmen zu dürfen. Natürlich wünsche ich mir, nun auch in Europa bekannt zu werden. Ich habe ein neues Album, ich arbeite an neuen Songs, ich bin bereit – und es ist Zeit für Europa.

In Australien sind Sie ein Star, hier kennt sie kaum jemand. Wie ist es für Sie, wenn Sie in Wien durch die Straßen spazieren?

SEBASTIAN: Es ist fantastisch! Ich war bereits shoppen und bin drei Stunden Rad gefahren, in Australien kann ich nicht unerkannt spazieren gehen. Die Anonymität hier in Wien genieße ich sehr.

Sie kamen heuer zum ersten Mal nach Österreich. Was wussten Sie von dem Land bis dahin?

SEBASTIAN: "Sound of Music", damit bin ich aufgewachsen.

Das habe ich nie gesehen.

SEBASTIAN: Das höre ich von vielen Österreichern. Ich liebe Musik und ich liebe das Musical. Meine Eltern haben es mir immer eingelegt. Wahrscheinlich verdanke ich meine Karriere "Sound of Music". Das klingt merkwürdig, aber als ich 2003 bei "Australian Idol" mitgemacht habe und "Climb Ev'ry Mountain" aus dem Musical gesungen habe, wurde die Show zu meinen Gunsten entschieden. Das war der Moment, als die Zuseher dachten: "Donnerwetter!" Es ist ein ergreifender Song und ich war ebenso ergriffen, auch weil Mutter damals im Publikum gesessen ist.

Haben Sie in den letzten Tagen etwas Neues an Österreich schätzen gelernt?

SEBASTIAN: Tafelspitz! Das ist meine neue Lieblingsspeise. Ich habe sie bislang jeden Tag gegessen. Euer Schnitzel ist auch ganz anders als in Australien, nämlich fantastisch.

Millionen Europäer fragen sich, warum sich Millionen Australier den Song Contest ansehen?

SEBASTIAN: Wir Australier leben so abgesondert vom Rest der Welt. Ihr könnt euch in den Zug setzen und seid in wenigen Stunden in Frankreich oder ihr fliegt schnell nach Moskau. Perth – im Westen – ist die abgelegenste Großstadt der Welt. Von dort fliegt man allein nach Sydney sechs Stunden. Durch die Isolation sind wir mit dem Rest der Welt längst nicht so verbunden wir ihr Europäer, ihr Österreicher. Ihr absorbiert durch eure Lage so viele Kulturen – die deutsche, die französische, die schweizerische usw. Deshalb funktioniert hier auch der Song Contest – ihr Europäer versteht euch miteinander und seid euch nahe. Das lieben wir Australier daran: stundenlange, fröhliche Völkerverständigung mit Musik.

Wenn das Finale um 21 Uhr beginnt, ist es in Sydney fünf Uhr in der Früh. Wer stimmt da mit?

SEBASTIAN: Manche stehen sicher auf, einige sind noch wach, aber die meisten sehen sich die Wiederholung am Abend an.

Wie wichtig ist Australiern das Ergebnis?

SEBASTIAN: Nicht sehr – außer diesmal. Heuer wird die Begeisterung so groß sein wie nie zuvor, denn es kann sein, dass wir nie wieder teilnehmen werden.

Sie müssen morgen gewinnen, um Australien 2016 die abermalige Teilnahme zu ermöglichen, oder?

SEBASTIAN: Korrekt – und der Druck ist groß, aber mehr als mein Bestes kann ich nicht geben.

Wenn Sie gewinnen, wird der Song Contest 2016 trotzdem in Europa stattfinden. Welchen Ort würden Sie sich wünschen?

SEBASTIAN: Das werde ich oft gefragt, aber das ist nicht meine Entscheidung.