"Ich war noch niemals in New York"

Udos Aussteiger-Hymne, ein Urmeter von Ohrwurm, dessen Text eigentlich bitterer ist als man glauben mag: Ein Mann, der genug hat von seinem alten Leben, ausbrechen will, etwas von der Welt sehen möchte - und doch in seinem vorformatierten Leben bleiben muss. Zumindest lässt ihn das sein Sicherheitsdenken glauben. So mancher Zuhörer fand sich - zu Recht - in diesem Text wieder. "Ich war noch niemals in New York" war auch ein Musical, das 2007 in Hamburg seine Weltpremiere hatte. Und ebenfalls ein Erfolg wurde.

"1000 Jahre sind ein Tag"

Udo machte sich immer wieder seine Gedanken über die Zeit und die Vergänglichkeit: "1000 Jahre sind ein Tag" ist ein clever aufgebautes Stück, als Zwiesprache eines Erwachsenen mit einem Kind, das viele Fragen hat. Wer nicht mehr ganz jung ist, wird sich an die Zeichentrickserie "Es war einmal … der Mensch" aus dem Jahr 1978 erinnern. Diese beschäftigte sich mit Geschichte - das Titellied daraus war eben dieses.

"Immer wieder geht die Sonne auf"

Eines von Udos ganz großen, immergrünen Lieder - mehrere Jahrzehnte alt und trotzdem noch schön und berührend. Yvonne Catterfeld durfte "Immer wieder geht die Sonne auf" von 1967 noch in der Jürgens-Geburtstagsgala vor wenigen Monaten singen und begeisterte den Geehrten. Ein wenig war es wie ein deutssprachiges "Here Comes The Sun", das die Beatles allerdings erst volle zwei Jahre später vorlegten.

"Der ganz normale Wahnsinn"

Udos charmanter Rundumschlag gegen den ganz normalen Wahnsinn, den wir heute nonchchalant Alltag und modernes Leben nennen. Einer der späteren Titel, der aber beim Publikum ebenfalls blendend ankam. Vor allem in den überaus satten Orchester-Arrangements, wie man sie nun - zumindest live - nie wieder zu hören bekommen wird.

"Da capo"

Ein Beispiel für den ganz intimen Udo, wie aus einer Bar, in der Rauch und Erinnerungen den Kopf und das Herz füllen.  Wehmut macht sich beim einsamen Pianospieler breit, es bedarf nur weniger Worte und Noten, um Stimmung zu schaffen. Auch das beherrschte Jürgens perfekt - viele hätten sich noch ein ganz reduziertes, jazziges Album in dieser Form gewünscht - inklusive des Autors dieser kleinen Liedersammlung hier.

"Es lebe das Laster"

Udo als Lebemann - mit der Botschaft: Gönn' Dir ruhig auch etwas, denn für Langeweile ist das Leben zu kurz. Wie viele seiner Lieder war auch dieses eher Chanson denn Schlager - und sogar rockig wird es hier. Ein schöner Ohrwurm, garantiert hirschgeweihfrei und nicht kopierbar. Herr Jürgens konnte auch in reifen Jahren noch in Bestform sein.

"Frauen"

Udos Liebeserklärung an die Frauen, derer es in seinem Leben bekanntlich einige gab. Der Text ist selbsterklärend, von der holden Weiblichkeit kann man das ja bekanntlich nicht immer sagen - was man liebt, muss man auch nicht immer analysieren. Zärtliche, humorvolle Zeilen zu einem hübschen Refrain - von viel Ironie getragen.

"Fünf Minuten vor zwölf"

Udos bekannteste Ode an die Natur, im Original aus den den frühen 1980er-Jahren - aber aktueller denn je: Eines jener unzähligen Beispiele, in denen der Musiker aktuelle Themen aufgriff und in perlende Melodien und klare Worte kleidete. Sehr traurig ist das Ableben des Künstlers, traurig ist aber auch, dass sich der Umgang des Menschen mit der Umwelt seit damals nicht zum Besserten kehrte. Es ist schon fünf Minuten nach zwölf.

"Mit 66 Jahren"

Kein Konzert, keine Hit-Sammlung ohne dieses Lied, oft war es eine seiner berühmten "Bademantel"-Zugaben. Wie viele andere Stücke wurde auch "Mit 66 Jahren" im Laufe der Jahre zu so etwas wie allgemeinem Kulturgut. Da wippt auch mit, wer erst 26 ist und die besten Passagen des Lebens noch vor sich hat. Erstaunlich generationenverbindend und immun gegen allzu modische Trends war Udo vor allem bei seinen umjubelten Auftritten.

"Heute beginnt der Rest Deines Lebens"

Udo hat unzählige Lieder über das Leben und die Liebe geschrieben - über das, was funktioniert und was nicht funktioniert. "Heute beginnt der Rest Deines Lebens" ist eine Mutinjektion, eine Aufforderung, das Leben zu greifen und auszukosten. Zu schnell kann es vorbei sein - daher sind die Zeilen wie "Heute fängt die Zukunft an" mehr als stimmig.

"Bis ans Ende meiner Lieder"

Der geschätzte Kollege Christoph Steiner ergänzt die Auswahl noch um das Lied "Bis ans Ende meiner Lieder": "Ein Song, der wie ein Vermächtnis klingt". Sehr richtig.

Merci, Udo.

THOMAS GOLSER