"Heute"-Herausgeberin Eva Dichand soll dem früheren "Heute"-Chefredakteur Wolfgang Ainetter während seiner Tätigkeit für die Gratiszeitung kritischen Journalismus verboten haben. Dies berichtete Ainetter, der inzwischen die Regionalausgaben der "Bild"-Zeitung koordiniert, am Wochenende in einem Artikel für das große deutsche Boulevardblatt. Dichand dementierte umgehend.

In einem Beitrag zur Bundespräsidentenwahl schrieb Ainetter über Österreichs polit-medialen Filz:

"Als ich vor fünf Jahren Chefredakteur einer Wiener Tageszeitung wurde, kam nach wenigen Wochen ein Politiker zu mir in die Redaktion: 'Darf ich etwas Gutes für Sie tun? Brauchen Sie eine Wohnung?' Tolle Lage, Miete weit unter Marktpreis - ich lehnte dankend ab. Um ihre Macht abzusichern, kaufen sich Politiker in die Medien ein. Jahr für Jahr gibt die öffentliche Hand mehr als 200 Millionen Euro für Inserate und Werbung aus. Auf die deutsche Einwohnerzahl umgerechnet wären das 2 Milliarden Euro! Interventionen 'von oben' sind Alltag. Als mein Team enthüllte, dass die SPÖ vier Jahre lang direkt aus der Parteizentrale Hunderte gefälschte Leserbriefe über die 'großartige Regierungsarbeit' an Redaktionen im ganzen Land geschickt hatte, sagte meine Herausgeberin: 'Ich verbiete Ihnen kritischen Journalismus.' Ich ging, die verantwortlichen Politiker blieben im Amt."

Den vollständigen Artikel finden Sie hier.

In seinem nächsten Job als "News"-Chefredakteur machte Ainetter Erfahrungen mit der ÖVP. "Sie stornierte nach einer Aufdecker-Story über illegale Parteienfinanzierung schriftlich sämtliche Inserate. Ein Spitzenpolitiker schimpfte in einem Szenelokal: Er werde dafür sorgen, dass der Autor und der Chefredakteur 'in spätestens drei Monaten Geschichte sind'. Ein Demokratieverständnis, das ein bisschen an die Türkei erinnert", so der Journalist.

"Nie gesagt"

Eva Dichand dementierte unterdessen via Twitter, dass sie Ainetter bei "Heute" kritischen Journalismus verboten habe. "Das habe ich natürlich NIE gesagt", schrieb die "Heute"-Eigentümerin. Ainetters Replik: "Das Zitat ist genauso gefallen."

Schon 2012 begründete Ainetter seinen Abgang mit der "politischen und ökonomischen Einflussnahme auf die Redaktion", Dichand machte damals "private Gründe" Ainetters geltend. "Heute" hatte im November 2011 eine Story mit dem Titel "Faymanns falsche Facebook-Freunde schreiben auch Leserbriefe" gebracht. Darin wurde geschildert, dass von einer Internet-Adresse der SPÖ massenweise Leserbriefe an Medien verschickt wurden, die unter falschem Namen erstellt wurden. Einen Tag später gab Ainetter seinen Rückzug bekannt. "Kritischer, unabhängiger Journalismus ist aus meiner Sicht nicht mehr möglich gewesen", so Ainetter damals.