Im Jahr 2003 gastierte Alexander Jagsch mit der Anti-Nazi-Satire „Noch ist Polen nicht verloren“ am Stadttheater Klagenfurt – für die Produktion gab es übrigens einen „Nestroy“. Nun kehrt er ans Stadttheater zurück: Ab heute muss sich der gebürtige Wiener in Sachen „Familiengeschäfte“ mit zahlreichen korrupten und kriminellen Angehörigen herumschlagen.

Herr Jagsch, in „Familiengeschäfte“ müssen Sie sich als Jack mit einer korrupten Familie herumschlagen. Aus welchem Grund könnten Sie korrupt werden?
ALEXANDER JAGSCH: Gute Frage. Ich bin natürlich der Meinung, dass das bei mir überhaupt nicht möglich wäre (lacht). Zumindest nicht wegen Geld. Aber wenn es wie bei Jack tatsächlich um das Wohl der Familie geht, dann wäre es vielleicht so weit.

Das Stück ist ja dreißig Jahre alt und trotzdem sehr aktuell, oder?
JAGSCH: Extrem aktuell – man denke nur an die „Panama Papers“. Aber das Stück ist wahrscheinlich immer aktuell. Ich wundere mich schon sehr, wie lange man zum Beispiel als Politiker oder Diplomat mit krummen Geschäften durchkommt.

Was reizt Sie an dem Stück?
JAGSCH: Es ist eine irre Familienwelt, ein Krimi, eine Komödie, es hat aber auch Tragik. Es ist einfach ein unglaublich tolles Stück. Und gerade am Wochenende habe ich von Regisseur Henry Mason eine Notiz bekommen, wie der Autor Alan Ayckbourn die Komödie sieht. Das geht ungefähr so: Man sollte an jede Komödie so herangehen, als ob man einen Tschechow machen würde. Das ist spannend: Sobald man irgendetwas nicht ernst nimmt, geht es nicht mehr in die Tiefe.

Wo ist in dem Stück die Tiefe?
JAGSCH: Ayckbourn beschreibt eine Familie mit all ihren Abgründen. Man sieht, wie hinterhältig es auch im engsten Kreis zugehen kann. Jack ist der Einzige, der Moral hat. Wir haben ihn immer mit dem Mann von La Mancha verglichen, der gegen Windmühlen kämpft, weil er im Laufe des Stückes draufkommt, dass die ganze Familie mit dem einen oder anderen Fuß im Kriminal steckt. Das ist nicht komisch. Aber wie es passiert, diese Situationen sind sehr sehr komisch. Und die besten Komödien sind ja die, die einen tragischen Untergrund haben.

Wie kam es eigentlich zu Ihrem Engagement?
JAGSCH: Das ging über Henry Mason, mit dem ich im Vorjahr bei den Salzburger Festspielen die „Komödie der Irrungen“ gemacht habe. Es ist ein Geschenk, mit einem Mann zu arbeiten, der so detailliert, ernsthaft und liebevoll seine Arbeit macht. Das ist wie ein Lotto-Sechser.

Sie spielen viel Theater, Sie drehen aber auch sehr viel. Schlägt Ihr Herz für beides?
JAGSCH: Mein Herz schlägt eigentlich schon für das Theater, denn das ist auch das, was ich im Ursprung gelernt habe. Aber jetzt bin ich seit einem Jahr auch in einer anderen Richtung unterwegs. Ich habe mit einem Kollegen ein Drehbuch geschrieben, das gerade bei einem Produzenten liegt. Und für meine Frau, die Schauspielerin Doris Hindinger, und mich habe ich das Zwei-Personen-Stück „Szenenwechsel – Ein Stück Beziehung“ geschrieben, mit dem wir voraussichtlich auch in Klagenfurt gastieren werden.

Worum geht es in dem Stück?
JAGSCH: Wir spielen die berühmtesten Hollywood-Szenen der Filmgeschichte nach, von „Casablanca“ bis „Harry und Sally“, und mixen das mit unserer eigenen Geschichte. Wir erzählen Anekdoten, geben uns gegenseitig Schauspielunterricht und beziehen das Publikum mit ein.

Apropos Anekdoten: Was ist Ihnen auf der Bühne schon passiert?
JAGSCH: Während der Zeit an der Schauspielschule des Wiener Volkstheaters durften wir auch auf der Bühne mitspielen. Bei einem Werner-Schwab-Stück war ich ein Engel mit sechzig oder siebzig Zentimeter hohen Plateau-Schuhen, die bis zum Knie hinauf geschnürt wurden. Ich musste einen Akt lang mit ausgebreiteten Flügel da stehen und dann quer über die Bühne nach hinten abgehen. Während des Stehens sind mir beide Beine eingeschlafen, was ich aber erst bemerkt habe, als ich nach dem ersten Schritt umgefallen bin. Und dann konnte ich auch nicht mehr aufstehen, also musste ich im Scheinwerferlicht von der Bühne robben. Das war furchtbar, ich habe gedacht, ich werde sofort entlassen, aber es gab nur eine kleine Verwarnung (lacht).

Auch wenn Ihr Herz fürs Theater schlägt – drehen Sie in nächster Zeit auch?
JAGSCH: Im Juni gleich drei verschiedene Sachen, darunter mit Christiane Hörbiger die „Muse des Mörders“. Und Robert Dornhelm macht einen Historien-Zweiteiler über das Hotel Sacher. Ursula Strauss spielt meine Frau, aber ich werde sehr früh im Film sterben. Man muss also bitte den Anfang anschauen (lacht).

INTERVIEW: M. FISCHER