Oper und verbotene Liebe, das gehört unweigerlich zusammen. Oper und verbotene, schwule Liebe, das ist neu, oder besser gesagt: Neue Musik. Charles Wuorinen vertonte Annie Proulx' Libretto, das nach fünf Jahren Reifeprozess 2014 in Madrid uraufgeführt wurde. Für das Salzburger Landestheater fertigte der Komponist nun eine eigene "Salzburger Kammerfassung" für 24 Musiker an. Das Ergebnis ist eine zeitgenössische Oper voller düster grollender Klänge, die hauptsächlich auf Dialogen basiert.

Liebe versetzt Berge und auch die Bühne. In Ang Lees Filmdrama von 2006, das drei Oscars einheimste, dienten breite Landschaftsaufnahmen zur Vermittlung der Kälte und den Weiten Wyomings. Diese Weiten sind auf einer Bühne nicht nachzustellen, stattdessen vertont sie Wuorinen mit grollenden Trommeln und langhaltenden Blechbläserklängen, die die bedrohliche Bergwelt ins Theater bringt. Auf der Bühne dominiert der "Brokeback", der zuerst als Massiv erscheint, auf dem sich die Cowboys Jack und Ennis näher kommen, und dann immer kleiner zum Fundament einzelner Spielräume wird. Zu stark ist die Erinnerung an die Zeit auf dem Berg, sodass er beiden noch bis in ihr späteres Leben Steine in den Weg legt.

Die Opernfassung ist weit entfernt von der romantischen Hollywoodverfilmung mit Heath Ledger und Jake Gyllenhaal. Sie ist sowohl musikalisch als auch in ihrer Inszenierung düsterer. Annie Proulx bewegt sich mit dem Libretto wieder näher an ihrer 1997 im "New Yorker" veröffentlichten Kurzgeschichte, auf der das Drehbuch des Films basiert. Nicht immer machen alle Abweichungen Sinn. Die Idee, den Frauen der Cowboys eigene Handlungsstränge einzuräumen, ist möglicherweise zur tieferen Einsicht in deren Gefühlswelt gedacht, bringt den Figuren in der Praxis allerdings keinen Mehrwert.

Regisseur Jacopo Spirei distanziert sich ebenfalls von großen Gefühlsduseleien und setzt mehr auf nüchterne Darstellung. Kein unnötiger Sex, keine unnötig plakative Homosexualität, dafür mehr Entfaltungsraum für die beiden Hauptcharaktere. Darstellerisch zeigen Florian Plock als Ennis del Mar und Mark Omvlee als Jack Twist Glaubwürdigkeit auf hohem Niveau. Kommt es auch schnell zum ersten Kuss, so deutet sich die Entwicklung von rauen Cowboys zu den zärtlichen Liebenden nur langsam an. Ebenfalls die Arien - sofern man bei "Brokeback Mountain" überhaupt von so etwas sprechen kann - werden erst zum Ende weicher und entfernen sich von ihrem rhythmischen Fokus. Gesanglich sind auch die Nebenrollen durchwegs gut besetzt, Gelegenheiten dies richtig zu zeigen bleiben ihnen allerdings weitgehend verwehrt.

Ist die Salzburger Opernfassung auch weit weniger anrührend als die Verfilmung, so scheint sie doch auch trotz aller Nüchternheit berührt zu haben. Langer Applaus und stehende Ovationen - auch das eher konservative Salzburger Publikum vermag sich noch für das Neue zu öffnen.

(S E R V I C E - "Brokeback Mountain", Oper in zwei Akten; Musik: Charles Wuorinen, Libretto: Annie Proulx; Musikalische Leitung: Adrian Kelly, Inszenierung: Jacopo Spirei, Bühne und Kostüme: Eva Musil, Dramaturgie: Andreas Gergen. Auf der Bühne: Ennis del Mar: Florian Plock, Jack Twist: Mark Omvlee, Aguirre: Raimundas Juzuitis, Alma Beers: Hailey Clark, Mrs. Beers: Astrid Monika Hofer, Lureen: Rowan Hellier, Hogboy: James Moellenhoff, John Twist Sr.: Franz Supper, Mrs. Twist: Anna Maria Dur, Bartender: Claudia Brandenburger, Saleswoman: Desislava Ilieva, Cowboy: Philipp Schausberger, Bill Jones: Emmanouil Marinakis , Almas und Ennis' Töchter: Anna Menslin / Flora Menslin / Franziska Stebler. Mozarteumorchester Salzburg, Chor des Salzburger Landestheaters. Weitere Termine: 4., 9., 13., 15., 20. und 21. März. )