Das Kommerzkino lehnte er rigoros ab. Entsprechend mannigfaltig und vielschichtig, zuweilen auch sperrig, fällt das Werk des im Alter von 87 Jahren verstorbenen, großen Filmemachers Jacques Rivette aus. Variieren seine Filme doch zwischen 30 Minuten und 13 Stunden.

Rivette gehörte neben Francois Truffaut, Jean-Luc Godard, Eric Rohmer und Claude Chabrol zu den Begründern der in den 50er und 60er Jahren entstandenen Filmbewegung "Nouvelle vague". Zu Rivettes bekanntesten Filmen gehören "Paris nous appartient", "L'Amour fou", "Die Nonne" und "Die schöne Querulantin". 

Später Ruhm

Seine Werke wurden allerdings zunächst eher in den Pariser Filmclubs diskutiert als vom breiten Publikum beachtet und blieben somit einem überschaubaren Kreis von Filmfreunden vorbehalten. Zwar sorgte Rivette mit ausgefallenen Filmprojekten wie dem 13-stündigen Werk "Out 1: Noli me tangere" (1970/91) immer wieder für Aufsehen. Den ersten großen Erfolg landete der Regisseur jedoch erst 1991 mit der Verfilmung von Balzacs Roman "Le chef-d'oeuvre inconnu" (Das unbekannte Meisterwerk). Auch sein vorletztes Werk, "Die Herzogin von Langeais" mit Jeanne Balibar und Guillaume Depardieu, basiert auf einer Balzac-Vorlage.

Das vierstündige Epos "La Belle Noiseuse" (Die schöne Querulantin) wurde beim Filmfest in Cannes mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet. In den Kinos lief er in einer um die Hälfte gekürzten Fassung. Zwei Jahre später setzte Rivette der französischen Nationalheldin Jeanne d'Arc mit "Johanna, die Jungfrau" ein filmisches Denkmal. Die Kritik lobte das zweiteilige, fünfeinhalbstündige Werk wegen seines kritischen Geschichtsbildes und der herausragenden Leistung der Hauptdarstellerin Sandrine Bonnaire.

Für Rivette war das Kino eine Schule des Improvisierens, das ständig die Grenzen zur Realität verwischt. "Viele Leute glauben, dass Filme Antworten liefern müssten. Im Gegenteil: Filme sind dazu da, Fragen zu stellen, weil es keine Antworten gibt", erklärte der Regisseur einst. Jetzt ist Jacques Rivette mit 87 Jahren in Paris gestorben.