Dieser Besuch war für die Grazer Modeschule alles andere als gewöhnlich. Vor dem Eingangstor wartete Polizeischutz, drinnen drängten sich 250 Schüler, um ihre prominenteste Absolventin feierlich zu begrüßen. Erstmals seit dem Sieg beim Song Contest 2014 kehrte Conchita Wurst an ihre frühere Ausbildungsstätte zurück. Innerhalb der Schulmauern ist sie freilich weniger als die Kunstfigur vertraut, sondern unter dem bürgerlichen Namen Tom Neuwirth, der auch Schulsprecher des Hauses war. "Sie ist immer noch der Tom für mich", gesteht die damalige Direktorin der Modeschule, Rosa Buchmann. Fünf Jahre verbrachte er hier, unterbrochen von einer einjährigen Auszeit durch die Teilnahme an der ORF-Castingshow "Starmania" 2006.

Tom Neuwirth in der Modeschule (Jahresbericht 2010/11)
Tom Neuwirth in der Modeschule (Jahresbericht 2010/11) © HOFFMANN SABINE

Bevor Conchita auf die versammelte Schülerschaft stieß, traf sie in einem Klassenzimmer auf ihre früheren Kollegen und Lehrer, die ihrem damaligen Schützling großzügig Rosen streuten und um Autogramme baten. "Er hatte immer so eine positive Einstellung, war äußerst selbstbewusst und engagiert", so der einhellige Tenor. "Von Anfang an war er eine Rampensau", weiß eine frühere Ausbildnerin und fügte schmunzelnd hinzu: "Immer wollte er singen."

Conchita gibt das Lob gerne zurück und beschreibt die Modeschule als einen Ort ihrer persönlichen Befreiung: "Nach schwierigen Jugendjahren konnte ich endlich sein, wer ich sein wollte." Entsprechend wurde der Besuch zu einem Heimspiel für die Künstlerin: Als sie im eleganten Jean-Paul-Gaultier-Oberteil zu den Klängen von "Rise Like a Phoenix" den Festsaal betritt, wird sie von den Modeschülern mit heftigem Applaus begrüßt.
In der folgenden, von Kleine Zeitung-Redakteur Christian Ude moderierten Fragestunde löcherten die gar nicht schüchternen Schüler die Pop-Diva mit Fragen über ihre Schulzeit, das Leben als Star mit Paparazzi, Hollywood-Klatsch, neue Projekte oder ihren Perücken-Fundus. "Ein Vorteil: Die Frisur ist immer schon fertig, bevor man sie braucht", schmunzelte Conchita.

Conchita singt in Sydney

In der entspannten Fragestunde verriet die Sängerin, die heuer ihr erstes Soloalbum veröffentlichte, auch etwas über ihre Projekte im kommenden Jahr: Die eigene Modelinie "kommt irgendwann definitiv", aber noch nicht 2016. Konkreter sind da schon die Pläne hinsichtlich eines neuen Albums, für das Conchita diesmal selbst die Lieder schreiben möchte. Fixiert ist schon ein Auftritt im berühmten Opernhaus in Sydney in März.

Einmal mehr nutzte Conchita die Öffentlichkeit, um über ihre Botschaften (Respekt, Toleranz, Selbstverwirklichung) zu sprechen. "Es ist egal, wie man aussieht und woher man kommt", wiederholte sie ihr Credo. Jeder müsse sich selbst ernst nehmen und hart an sich arbeiten: "Man muss üben und man muss früh aufstehen. Der Song-Contest-Sieg ist vorbei, jetzt werde ich an neuen Taten und Worten gemessen." Spätestens als sie dann auch noch zum Vokabellernen aufrief und kein Widerstand aus dem jungen Publikum kam, ließ sich erahnen, welche Bedeutung dieser Besuch für die Schüler haben könnte.