Da steht man also unter dem Textilwürfel mit der Aufschrift "Gegenwart als Gegenwart" und lauscht Prince Jammys "Kamikazi Dub". 1981 realisierte Hartmut Skerbisch diese Arbeit für die Ausstellung "Null-Party in der Jetzt-Dub-Disco" in der legendären galerie H. Diese programmierte Horst Gerhard Haberl, das H stand für Humanic.

Schon 1975 hatte Skerbisch seine allererste Ausstellung für die von Haberl (mit Richard Kriesche und Karl Neubacher) geleitete, nicht weniger legendäre "poolerie" konzipiert. Dazu erschien eine Ausgabe der Zeitschrift "pfirsich". Ein selbstredend legendäres Organ der Kunstavantgarde. Die Ausstellung ist nun in der Skerbisch-Retrospektive im Kunsthaus Graz rekonstruiert. Und mit diversen Materialien angereichert.

Hartmut Skerbisch
Hartmut Skerbisch © BIG SHOT Foto+Film GmbH, Graz

Schon hier ist das breite Interesse des 30-jährigen Künstlers gebündelt. Ein Interesse, in dem Archaisches, Mythisches, Esoterisches mit (damals) neuester Technologie und wissenschaftlicher Präzision kurzgeschlossen wird. Wobei die Skepsis, die den Segnungen der Medienära entgegengebracht wird, spürbar ist. "Enjoy what the body enjoys" liest man in einem der Arbeitshefte, in deren digitalen Repliken man blättern kann.

Nur eine Stunde dauerte 1977 die Ausstellung "Zepter und gleißender Stein" in der Grazer Neuen Galerie, eine Hinterfragung des Mediums Fernsehen. Wobei Galerie-Chef Wilfried Skreiner in einem auf Video konservierten Statement den Begriff "hinterfragen" für sprachlich nicht sanktioniert hält. Wie auch immer.

Aktualität

Skerbischs subtile Umkreisung des Themas medialer Macht offenbart ein Unbehagen an "mittelbarer" Wahrnehmung von Wirklichkeit, das auch in anderen Arbeiten spürbar wird. Was vorgibt, Information und Erkenntnis zu dienen, wird als Instrument der Verschleierung entlarvt. Das Medium wird Droge, Fetisch. Skerbischs Credo: Bilder nicht machen lassen, sondern selbst machen, allen eindeutigen Erzählungen misstrauen. An Aktualität hat das nichts eingebüßt.

Zwölf Diptychen mit je zwei identischen Polaroids sind verbal jeweils als "Paradies" und "Untergang" bewertet. Die Arbeit von 1979 ist Plädoyer für die Freiheit der Interpretation. Die Liebe des Künstlers zu James Joyce resultiert nicht zuletzt aus der Offenheit von dessen Texten. "Das Paradies Der Untergang" heißt in diesem Sinn auch die von Günther Holler-Schuster und Katia Huemer kuratierte Schau.

Manfred Wolff-Plottegg - neben Michael Schuster Skerbischs wohl wichtigster Kooperant - zeichnet für die Ausstellungsarchitektur verantwortlich. Gelungen wie diese ist eine Monografie. Herausgeber: der Verein der Freunde von Hartmut Skerbisch. Etliche Mitglieder (wie Elisabeth Fiedler, Ralph Schilcher und Sohn Georg) zählen zu den Autoren des Buchs, das ein komplexes Werk komplex analysiert.