Seit einer Woche ist Eva Twaroch im Dauereinsatz: Live-Einstiege für die ZiB-Ausgaben, Analysen, Sondersendungen. Zeit für ein E-Mail-Interview nimmt sich die Wienerin dennoch. Kurz nach ein Uhr morgens trudeln die Antworten im Posteingang ein.


Frau Twaroch, wo waren Sie denn vergangenen Freitagabend?
EVA TWAROCH: Als die ersten Meldungen kamen, war ich gerade zu Hause angekommen – und habe sofort wieder umgedreht.


Können Sie uns die erste Nacht nach den Anschlägen schildern?
TWAROCH: Wir haben sofort sehr ausführlich berichtet. Mein Kollege Christoph Kohl war in der Nähe des Bataclan. Ich war bei unserer Live-Position beim Arc de Triomphe und habe in der ZiB 24 und der darauf folgenden Sondersendung über die neuesten Entwicklungen berichtet. Hans Woller hat stündlich neue Radioberichte gemacht. An Schlaf war in dieser ersten Nacht für uns alle drei nicht zu denken.


Wie viele Live-Einstiege hatten Sie seitdem?
TWAROCH: Rund 30 Live-Einstiege im Fernsehen und einige Radioberichte. Die Arbeitsstunden zählt in Krisensituationen wie diesen niemand, die Schlafstunden auch nicht.


Im Jänner gab es ein Attentat auf die Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“, im März stürzte eine Germanwings-Maschine über den Alpen ab und nun die Terroranschläge: Ist das Ihr intensivstes Jahr als Paris-Korrespondentin?
TWAROCH: Ja, das ist mit Sicherheit mein intensivstes Jahr in Paris.


Wie schaffen Sie es in dieser Situation, einfach weiterzuarbeiten?
TWAROCH: Man „funktioniert“ einfach, wenn so schreckliche Ereignisse passieren. Zum Nachdenken kommt man da nicht, das hält auch die eigenen Emotionen wie Betroffenheit auf Distanz.


Was war seitdem Ihre berührendste Begegnung?
TWAROCH: Die Begegnung mit einer Österreicherin, die beim Konzert im Bataclan war und den Angriff unverletzt überlebt hat.


Haben Sie persönlich Angst vor weiteren Anschlägen in Paris?
TWAROCH: Dass ich Angst habe, würde ich so nicht sagen, aber der Gedanke, dass weitere Anschläge möglich sind, ist sehr präsent und in Paris Teil unseres Lebens geworden, auch meines Lebens. Das ist kein gutes Gefühl.


Sie leben seit mehr als 20 Jahren in Paris: Wie hat sich die Stadt in diesem Jahr verändert?
TWAROCH: Charlie Hebdo hatte Paris verändert: Zuerst war der Schock, es folgte eine Solidaritätswelle. Da sind alle ein bisschen näher zusammengerückt. Das war sehr beeindruckend. Aber dann ist der ganz normale Alltag recht schnell wieder eingekehrt. Nach diesen Terroranschlägen wird es länger dauern, bis wieder Normalität einkehrt.


Wie hat sich die Arbeit der Auslandskorrespondenz verändert?
TWAROCH: Wir reagieren viel schneller auf aktuelle Ereignisse, zum Beispiel mit Sondersendungen egal zu welcher Uhrzeit. Das ist für uns einerseits eine große Herausforderung, andererseits eine große Chance. Wir wollen ja so ausführlich wie möglich über unsere Länder berichten.