Der Otto Mauer Fonds vergibt den mit 11.000 Euro dotierten Preis heuer zum 35. Mal. Prämiert wird das gesamte bisherige Werk einer Künstlerin oder eines Künstlers unter 40 Jahren. Diesjährige Preisträgerin ist die in Kärnten geborene, derzeit in Wien lebende und arbeitende Künstlerin Catrin Bolt.

Der Preis wird von Erzbischof Kardinal Dr. Christoph Schönborn OP am  3. Dezember 2015, um 19.30 Uhr in den Festräumen des Erzbischöflichen Palais, Wollzeile 2, 1010 Wien,   vergeben.

Vom 6. Dezember bis 24. Jänner  präsentiert Catrin Bolt unter dem Titel "Kapital und Interessen, meine Schulden groß und klein werden einst verrechnet sein" im JesuitenFoyer, Bäckerstraße 18, 1010 Wien, ausgewählte Arbeiten. (Eröffnung:  am Freitag,  4. Dezember, 19.30 Uhr)

In der Begründung der Jury (Rainer Fuchs, Luisa Kasalicky, Hubert Lobnig, Johanna Schwanberg und Gustav Schörghofer SJ) heißt es:

Engagement und feine Ironie

„Mit Catrin Bolt wird eine Künstlerin ausgezeichnet, die in einer Tradition der konzeptionellen und institutionskritischen Kunst steht. Sie bewegt sich bewusst außerhalb des Kunstestablishments und fungiert als genaue Beobachterin von gesellschaftspolitischen Entwicklungen.
Bolt trifft in ihren Arbeiten konsequente Entscheidungen, die sie formal präzise formuliert. In ihrem interdisziplinären Ansatz verwendet sie vielfältige Medien, insbesondere Sprache, Fotografie, Video und Performance; dabei kommen eigene und fremde Materialien sowie Artefakte zum Einsatz.
In den Arbeiten Catrin Bolts schwingt bei allem ernsthaften politischen Engagement stets eine feine Ironie mit. Die Jury schätzte beispielsweise den Witz ihrer temporären ‚Guerilla-Skulpturen’ (2011); diese bestehen aus zusammenklappbaren Holzsesseln, die Bolt an für Skulpturen typischen Orten, wie Kreisverkehren oder vor Bahnhöfen aufbaute, fotografierte und wieder abbaute.
Bolts Werke im öffentlichen Raum setzen sich mit der Denkmalkultur auseinander. In kritischer Weise bezieht sie die geschichtliche und gegenwärtige Situation des jeweiligen Orts mit ein. Auf dem Gelände des ehemaligen Zwangsarbeitslagers Viehofen in St. Pölten, das heute mit einem Schotterteich als Naherholungsgebiet dient, stellte Bolt 2010 ‚Orientierungstafeln’ auf. Sie ähneln auf den ersten Blick vertrauten Wanderkarten. Doch die Luftaufnahmen der Alliierten zeigen die Situation zum Ende des Zweiten Weltkriegs mit den Lagern. Ein roter Punkt markiert den Betrachterstandpunkt und verbindet Vergangenheit und Gegenwart.
Besonders überzeugte die Jury, dass sich die Arbeiten von Catrin Bolt vor dem Hintergrund der aktuellen weltweiten gesellschaftlichen Umbrüche bewähren, ja geradezu an Aktualität noch dazu gewonnen haben. Deutlich wird dies am Beispiel des Mahnmals ‚Alltagsskulpturen’ (2014), in dem Bolt in großen Lettern Texte von Holocaustüberlebenden auf die Gehsteige jener Orte schrieb, an denen die Ereignisse stattfanden. Ein Ort dieser Interventionen war unter anderem der Bahnsteig 5 des Wiener Westbahnhofs, der in den letzten Wochen zu einem der Kristallisationspunkte der Flüchtlingsthematik wurde.
Der Otto Mauer Preis 2015 wird somit einer Künstlerin verliehen, die sich nicht scheut, brisante Themen aufzugreifen. Ihre Arbeiten sind gekennzeichnet durch die Gleichzeitigkeit von Geschichtsbewusstsein und gesellschaftlichem Engagement, konzeptuellem Kalkül und ästhetischem Anspruch.“