Die „New York Times“ vergleicht sie mit der US-Politserie „House of Cards“, der „Spiegel“ nennt sie gar „Homeland DDR“: die Rede ist von „Deutschland 83“, einer achtteiligen Miniserie von RTL, die bereits beim US-Kabelsender Sundance TV gelaufen ist. Ab 26. November ist sie Donnerstags in Doppelfolgen im RTL-Hauptabendprogramm zu sehen.

Nach US-Vorbild

Die wie ihre US-Vorbilder horizontal (episodenübergreifend) erzählte Produktion ist schon jetzt ein kleines deutsches Fernsehwunder: Mehr als 20 Sender und Streamingdienste haben die Spionageserie über das deutsche Schicksalsjahr 1983 im Kalten Krieg bislang gekauft – etwa Channel One (Russland), Sky Italia, Hulu (USA), TV4 (Skandinavien) und auch auf i-Tunes wird sie erhältlich sein.

Schon in den ersten Szenen wird klar, dass der junge Soldat Martin Rauch (genial besetzt mit „Homevideo“-Star Jonas Nay) der Nationalen Volksarmee nicht freiwillig in den Auslandsgeheimdienst der DDR wechselt.

Ein Erwachen in Puma-Leiberl

Seine linientreue Tante (gespielt von Maria Schrader), ist Kulturattaché der DDR in Bonn. Eines Tages taucht sie mit zwei Agenten bei ihm zu Hause auf. Und ehe er es sich versieht, bricht ihm einer die Hand, dann wird es schwarz vor seinen Augen. Als der junge Mann aufwacht, trägt er ein rotes Puma-Leiberl, heißt Oberleutnant Moritz Stamm, wird in die BRD gebracht und dort bei General Edel eingeschleust. Der plant das Manöver „Able Archer 83“, mit dem die Nato ihre nukleare Reaktionsfähigkeit im Falle eines Angriffs durch den Warschauer Pakt testet – und dabei wird der junge Spion in der Serie zur zentralen Figur in diesem Konflikt.

Situationskomik: Die DDR verzweifelt fast an einer Floppy-Diskette
Situationskomik: Die DDR verzweifelt fast an einer Floppy-Diskette © RTL

Die reale Geschichte über den Herbst 1983 ist in der Serie auf Fernsehbildschirmen zu sehen, ein bisschen Vorwissen zahlt sich aus. „Deutschland 83“ ist nicht nur historisches TV, sondern auch Coming-of-Age-Geschichte, Liebesdrama – und der postideologische Blick auf die DDR der Achtzigerjahre führt die Ideologie der DDR in all ihrer Tragikomik vor. Dazu tragen auch Stars wie Sylvester Groth, Ulrich Noethen oder Ludwig Trepte bei. Und der Retro-Charme (Walkman, Telefonzellen, Nena, etc.) sitzt.

Eigene Geschichte


Es ist, als würde das deutsche Fernsehen gerade seine eigene Nachkriegsgeschichte serienweise entdecken: Die ARD experimentierte mit der Grenzposse „Sedwitz“, ihr „Weissensee“ ist längst ein Dauerbrenner, und das ZDF zog mit „Blochin“ nach. RTL setzt auf fiktive historische Themen, die es mit Dokus begleitet. „Wir glauben tatsächlich, dass viele Geschichten aus der jüngeren Vergangenheit noch nicht im Fernsehen erzählt wurden. Ein Vorteil ist, dass der Zuschauer sie sofort einordnen kann“, sagt RTL-Chef Frank Hoffmann zur Kleinen Zeitung. Und weil die Geschichte mit diesen acht Folgen noch nicht zu Ende erzählt ist, wird im Hintergrund schon an Staffel zwei und drei gearbeitet.