Geblieben ist eine archetypische Konstellation in einem kühlen, kargen Ambiente: zwei Männer im Gespräch.Ein "Endspiel, wie es auch Beckett hätte erfinden können" hat der Regisseur im Vorfeld die dramatische Grundsituation der 100-minütigen Aufführung genannt, die am Sonntagabend ihre akklamierte Premiere feierte. Noch mehr denkt man allerdings an "Warten auf Godot". Zeit und Raum sind eingefroren. Um geistig nicht ebenfalls zu erstarren, wärmt sich ein einsames Duo im Dauer-Dialog auf.

Der Musikphilosoph Reger und der Museumswärter Irrsigler gleichen freilich weniger den beiden Tramps Wladimir und Estragon als dem Herr-Knecht-Paar Lucky und Pozzo. Reger gibt Themen und Tonfall vor und duldet in seinen apodiktischen Urteilen über Kunst und Philosophie, Land und Leute keinen Widerspruch. Irrsigler ist sein in jahrzehntelanger Arbeit abgerichteter Papagei, ein scheinbarer Dialogpartner, dessen Funktion ein Echo ist, eine Schallplatte, die Regers eigene Gedanken wieder und wieder abspielt.

Nachhilfekurs in Mundart

Der Gedankenfluss ist auf Vernichtung aus und macht vor anerkannten Kunst- und Geistesgrößen ebenso wenig Halt wie vor billigen Pauschalurteilen (die Anti-Burgtheater-Passagen lässt man im Volkstheater aus). Das Zusammenspiel von Lukas Holzhausen als strenger Geistesmensch Reger und Rainer Galke als anbiedernder Bud-Spencer-Lookalike in Museumswärteruniform (ein Beruf, in dem "das Kleiderproblem gelöst" sei, heißt es zu Beginn und am Ende) klappt vorzüglich. Als gelegentliche Ergänzung dient der Souffleur, der dem vorgeblichen Burgenländer (Galke stammt in Wahrheit aus Nordrhein-Westfalen) einen kleinen Nachhilfekurs in österreichischer Mundart gibt.

So schlüssig das Grundkonzept ist, auf modernen Minimalismus statt auf altmeisterliche Opulenz zu setzen, so wenig zwingend ist der Resonanzraum, in den Parizek als sein eigener Bühnenbildner Bernhards Suaden setzt: eine weite, hohe Bühne mit drei weißen Projektionsflächen, auf die Overheadprojektoren Fotos mit Ausschnitten aus den Gesichtern der Akteure werfen, aber auch etwa mit Fotos des protestierenden jungen HC Strache und des von der Bühne winkenden Dichters an die legendäre "Heldenplatz"-Premiere erinnern. Dazu ein Sessel, eine Sitzbank, ein aus dem Schnürboden hängender Strick, an dem der Selbstmord ausprobiert werden kann (auch hier eine Parallele zu "Godot"). "Wollen Sie es auch einmal versuchen?" - "Ach, ich würde es nicht so genießen wie Sie..."

Inszenierung mit Slapstickelementen

Ja, Parizek versucht auch immer wieder dem Roman-Untertitel "Komödie" gerecht zu werden, es gibt Späßchen und veritablen Slapstick bis hin zu einer ausgiebigen Balgerei, bei der der Museumswärter pflichtschuldigst den rasenden Reger daran hindert, mit der Schere auf die Kunstwerke loszugehen, in denen er durch jahrelanges Studium längst gravierende Fehler entdeckt hat und die daher ihre Existenzberechtigung eingebüßt haben. Die schärfste Österreich-Hass-Tirade lässt Reger mit bebendem Wiener Schnitzel bei der Jause los - eine Hommage an das Dramolett "Claus Peymann und Hermann Beil auf der Sulzwiese".

Während der Text in den vergangenen 30 Jahren kaum etwas an Gültigkeit eingebüßt, mitunter sogar an Trefferquote gewonnen hat, wirken die szenischen Aktionen an diesem durchaus abwechslungsreichen Abend keineswegs zwingend. Die Gedankenwelt Thomas Bernhards bzw. seiner Figuren findet sich in dieser Produktion gut wiedergegeben, eine dazu passende Bilderwelt vermisst man. In dieser Hinsicht bleibt Nicolas Mahlers Umsetzung des Romans als Graphic Novel unübertroffen.