Im Zuge des Streits um gekürzte Dreijahresförderungen für steirische Institutionen sind Sie diesen Sommer aus dem verantwortlichen Kulturkuratorium ausgestiegen, mit der Begründung, dieses werde „autoritär geführt“. Was gab es denn für Rückmeldungen auf diesen Ausstieg?

MARGARETHE MAKOVEC: Viele Kolleginnen und Kollegen und auch Künstlerinnen und Künstler haben mit mir darüber gesprochen, die meisten haben mir zu diesem Schritt gratuliert. Ich denke, viele von ihnen haben ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Gremium gemacht und dadurch eine Idee von der Atmosphäre, die dort vorherrschte.

Wissen Sie, wer Ihnen nachfolgt?

MAKOVEC: Nein, die Beschickung in das Kulturkuratorium ist ja nicht transparent. Die Mitglieder werden von politischer Seite nominiert, und zwar von der ÖVP und von der SPÖ.

Sie haben dem Kuratorium seit 2013 angehört. Warum sind Sie erst jetzt ausgestiegen, wenn dort die Dinge so im Argen liegen?

MAKOVEC: Die Situation im Kulturkuratorium habe ich von Anfang an als nicht einfach empfunden. Es war oft sehr kraftraubend, an den Entscheidungen zu arbeiten. Zuletzt hat sich die Lage verschlechtert, vor allem durch den Ausstieg von Kuratoriumsmitgliedern, deren Periode ausgelaufen ist. Der Sitzungsverlauf war zunehmend von einem autoritären Führungsstil geprägt, Entscheidungen sind immer öfter in eine Richtung getroffen worden, die ich absolut nicht goutiere. Als Beispiel möchte ich Camera Austria nennen: Wie kann man die seit Jahren wesentlichste und international bestrenommierte Institution aus dem Mittelbau der bildenden Kunst beschneiden? Zugleich hat Kulturlandesrat Buchmann laufend wiederholt, dass er den Mittelbau stärken will. Das passt nicht zusammen.

Sie sind, etwa mit dem Kunstverein und als Kuratorin, überregional tätig. Was wäre denn aus Ihrer Erfahrung eine bessere Förderstruktur? Wo gibt es die?

MAKOVEC: Die Förderstrukturen, die wir im Land haben, sind nicht schlecht, aber es gehört nachjustiert. First of all muss die Beschickung der Beiräte entpolitisiert werden. Da müssen Fachleute drinsitzen, ganz unabhängig von der politischen Großwetterlage. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie das wäre, wenn andere Parteien an der Spitze der Landesregierung stehen und dann ihre ExpertInnen nominieren. Und dann gehört das Kulturkuratorium entflochten, sodass in kleineren Beiräten Fachleute für Literatur die Literaturagenden beurteilen. Und Fachleute für bildende Kunst entscheiden dann über dieses Feld – und so weiter.

Reden wir über den Begriff „Fördern“: Der kann ja „unterstützen“ und „ankurbeln“ genauso wie „ausbeuten“ bedeuten. Was trifft im Land kulturpolitisch eher zu?

MAKOVEC: In der Steiermark wird unterstützt, aber ohne größere Idee. Ankurbeln wäre ein passender Ausdruck für folgende Vision: dass an die Kultur und insbesondere an die Bedeutung zeitgenössischer Kunstformen für die Entwicklung einer Gesellschaft geglaubt wird. Dass das zeitgenössische Experiment gepusht wird. Hier leben viele künstlerische Kräfte, die hart am zeitgenössischen Kunstbegriff arbeiten. Deren rastloses Schaffen wird zu wenig und oft erst sehr spät ins Rampenlicht gestellt.

Oft hört man Künstler und Kulturträger das Fehlen einer kulturpolitischen Vision bemängeln. Andererseits: Entfaltet sich die Szene eventuell nicht sogar freier ohne das Joch einer solchen Vorgabe?

MAKOVEC: Eine kulturpolitische Vision gibt es ja auch ohne inhaltliche Vorgaben. Meine kulturpolitische Vision ist die, dass konstant an den Rahmenbedingungen für Kultur gearbeitet wird, und besonders für zeitgenössische Kunstformen soll sich die Kulturpolitik verwenden.

Allgemein gefragt: Was ist die dringlichste Aufgabe zeitgemäßer Kulturpolitik? Was fehlt?

MAKOVEC: Die Kulturpolitik muss Ansprechpartner sein für die Kunst- und Kulturschaffenden. Ein Gegenüber, das die Bedeutung der Kunst für die Gesellschaft erkennt und mit ganzer Kraft daran glaubt und das kulturelle Klima nach Kräften ausbaut und verbessert. Und ich meine damit nicht nur die jeweilig zuständigen Landes- und Stadträte. Es sind auch andere Politikerinnen und Politiker willkommen, für die Kunst einzutreten.

Und die Aufgabe zeitgemäßer Kulturarbeit?

MAKOVEC: Wir als Kulturarbeiterinnen und -arbeiter sind zuallererst eine Plattform für die Kunstschaffenden. Unser erstes Augenmerk sollte ihnen gelten, um für sie die Bedingungen der Produktion und Präsentation von Kunst herzustellen. Und dann ist Kulturarbeit Arbeit am Publikum und damit Arbeit an der Gesellschaft. Wir sind Vermittler hin zum Publikum und als solche gefordert, komplexe Inhalte, die zeitgenössische Kunst oft zum Thema hat, aufzubereiten und zugänglich zu machen – und zwar für die gesamte Bevölkerung, nicht nur für ein Kulturpublikum.

Abschließend: Welches Verkehrsschild beschreibt die Lage im Kulturland Steiermark am besten?

MAKOVEC: Achtung, Nebel!

Wieso?

MAKOVEC: Weil der Blick auf die zeitgenössischen künstlerischen Kräfte im Land getrübt ist. Viele erkennen nicht, was hierzulande passiert, welche Leistungen auf allen Feldern der Kunst tagtäglich geschehen – dafür müssen wir den Blick schärfen und alles dafür tun, Künstlerinnen und Künstler im internationalen Austausch voranzubringen.

Welches Zeichen würden Sie sich stattdessen wünschen?

MAKOVEC: Keine Beeinträchtigungen sind uns bekannt – freie Fahrt!