Während Kristen Stewart und Nicholas Hoult in Drake Doremus' Sci-Fi-Romanze "Equals" in einer vermeintlich emotionslosen Zukunft leben, brillieren Eddie Redmayne als Transgender-Ikone Lili Elbe und Alicia Vikander als deren aufopferungsvolle Ehefrau in Tom Hoopers "The Danish Girl".

Wenige Monate nach dem Oscar für seine Darstellung des ALS-kranken Astrophysikers Stephen Hawking in "Die Entdeckung der Unendlichkeit" verkörpert Eddie Redmayne erneut eine reale Person: In "The Danish Girl" spielt der 33-jährige Brite den dänischen Künstler Einar Wegener, der sich 1930 als vermutlich erster Patient einer geschlechtsangleichenden Operation unterzog. Eines Tages in Frauenkleidung für seine Künstlerfrau Gerda (Vikander) posierend, entdeckt er die bisher verborgene, feminine Seite in sich - und nimmt diese, unterstützt von Gerda, zunehmend an. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von David Eberhoff und ist weiters mit u.a. Amber Heard, Ben Whishaw und Matthias Schoenaerts großartig besetzt.

Für Redmayne sei "ein Traum wahr geworden", innerhalb kürzester Zeit mit Hawking und Elbe "zwei derart herausragende Persönlichkeiten" verkörpern zu dürfen, wie er am Samstag bei einer Pressekonferenz im Vorfeld der Premiere des Films sagte. Bereits während der gemeinsamen Dreharbeiten zu "Les Miserables" habe er das Drehbuch von Hooper erhalten und sei "zutiefst gerührt" gewesen von "dieser einzigartigen Liebesgeschichte, in deren Kern ein Mensch steht, der mutig genug ist, für ein authentisches Leben zu kämpfen". Er selbst habe in dieser Zeit vor allem "wahnsinnig viel gelernt". "Ich habe viele Menschen aus der Trans-Gemeinschaft kennengelernt, und ihre Güte, Ehrlichkeit und Bereitschaft, mir sämtliche Fragen zu beantworten, die ich hatte, war unglaublich. Ihnen habe ich diese Darstellung zu verdanken!"

"The Danish Girl" stellt sich nicht zuletzt in die gute Sache der Transgender-Bewegung, mehr Bewusstsein zu schaffen. "Von unserem ersten Gespräch an waren Eddie und ich uns einig, dass er eine Frau spielen würde, die zum Vorschein tritt - keinen Mann, der eine Frau imitiert. Er sollte sie in sich selbst entdecken", betonte Hooper. "Es ist eine so tief greifende Sache, sich nicht mit dem Geschlecht zu identifizieren, mit dem man geboren ist. Und Lili hatte den unglaublichen Mut, das zu erkennen, und in einer Zeit, in der es keine Vorgänger, keinen klaren Weg in die Freiheit gab, ihre Stimme und ihr wahres Ich zu finden."

Der 42-jährige Brite, der 2011 für das Biopic "The King's Speech" mit dem Regie-Oscar ausgezeichnet wurde, will seinen Film auch als Plädoyer für die Liebe verstanden wissen. "Wir leben in einer zutiefst gespaltenen Welt, und was sich gerade unweit von uns an den Küsten Europas abspielt, ist ein Weckruf an unsere Herzen", betonte Hooper. "Es ist Gerdas bedingungslose Liebe, die Akzeptanz erst möglich macht. Der Schlüssel zur Akzeptanz ist Liebe."

Wie eine Welt ohne Liebe aussehen würde, zeigt Drake Doremus ("Like Crazy") in "Equals" auf: In seiner visuell ambitionierten Sci-Fi-Romanze nach einem Drehbuch von Nathan Parker ("Moon") entwirft der US-Regisseur eine Zukunft, in der sämtliche Gefühle ausgelöscht wurden, durch einen mysteriösen Virus aber zurückkehren können. Einer der "Infizierten" ist der junge Silas (Nicholas Hoult), der in seiner Arbeitskollegin Nia (Kristen Stewart) eine Gleichgesinnte entdeckt und der Liebe wegen den Ausbruch aus der streng durchgetakteten Gemeinschaft plant.

"Die eine Frage, die wir uns während der Vorbereitung und des Drehs immer und immer wieder gestellt haben, war: Würden wir überhaupt existieren, wenn es die Liebe nicht gäbe?", meinte die 25-jährige Stewart, die sich mit ihrer Darstellung einmal mehr erfolgreich von ihrer "Twilight"-Vergangenheit emanzipiert hat, bei einer Pressekonferenz. "Leidenschaft, Antrieb und Neugier ist doch das, was die Welt in Bewegung hält, was unsere Gesellschaft voranbringt." Dementsprechend habe sie sich die Frage auch mit "Nein" beantwortet - "auch, wenn es allzu kitschig und romantisch klingt".

Als Dystopie würde Doremus die scheinbar emotionslose Welt aus "Equals" dennoch nicht bezeichnen. "Diese Welt ist sehr Zen, sehr harmonisch, wunderschön, essenziell eine Utopie", sagte der 32-Jährige. In Japan zu drehen, habe immens geholfen, sich in eine derartige Umgebung hinein zu fühlen. "Es liegt so viel Ordnung, Eleganz und Harmonie in der Art und Weise, wie sie leben." In diesem Umfeld sei es Doremus gelungen, "die intimste Atmosphäre zu kreieren, die ich je an einem Filmset erlebt habe", schwärmte Hoult (25). "Mitunter habe ich vergessen, dass ich einen Film drehe, so ruhig und unaufdringlich war es."

Mit "The Danish Girl" und "Equals" starten zwei stilistisch sehr unterschiedliche, allenfalls preisverdächtige Liebesfilme ins Rennen um den Goldenen Löwen, der kommenden Samstag (12. September) von einer Jury unter Vorsitz des mexikanischen Regisseurs Alfonso Cuaron ("Gravity") vergeben wird. Redmayne, Stewart und ihre Kollegen werden am Abend ebenso auf dem roten Teppich erwartet wie die französische Starschauspielerin Juliette Binoche, die mit "L"attesa" des sizilianischen Regisseurs Piero Messina im Wettbewerb zu sehen ist.